Burggrafenamt: Polizist verharmlost Holocaust

NS-Verharmlosung auf Facebook (Bildquelle: Facebook, rote Striche: Ergänzung d. Verf.)

Neuer rechtsextremer Fall bei den sogenannten „Sicherheitskräften“ in Südtirol: Ein Gemeindepolizist aus dem Burggrafenamt verbreitete in Sozialen Netzwerken Bildmaterial, das den Holocaust und die NS-Zeit verharmlost.

Erst Mitte Dezember war bekannt geworden, dass ein 46-jähriger Carabinieri-Beamter aus dem Grödental über Jahre hinweg bei einem schwedischen Internetversand rechtsextreme und neonazistische Musik-CDs gekauft hatte: Hakenkreuze auf den Covern, Naziverehrung in den Texten. Nun also das Burggrafenamt, wie wir Dank eines Hinweises aus der Bevölkerung erfahren haben.

Bekanntlich hat Deutschland seit Jahren mit den Folgen der kaputtgesparten, privatisierten Deutschen Bahn zu kämpfen: Zugausfälle, Verspätungen und marode Infrastruktur sorgen gerade im Winter für Unmut.

Es ist Sonntag, der 17. Dezember, kurz nach 18 Uhr, als der Burggräfler auf „Teilen“ drückt und ein Bild verschickt. Ein Kommentar zum Bahnchaos in der BRD soll es sein, ein Witz, wird er heute sagen, vielleicht „bled“, in jedem Fall „harmlos“.

Das Schwarz-Weiß-Bild zeigt einen Mann in Uniform: auf der Kappe der Reichsadler, am Kragen das Schwarze Kreuz der Wehrmacht, in der rechten Bildecke ein Totenkopf, der an jenen der SS erinnert.

Auf dem Bild ist Erwin Rommel, Generalfeldmarschall der Wehrmacht unter Adolf Hitler, berühmt für sein militärisches Geschick.

Um Rommel geht es aber nicht direkt, er steht beispielhaft für einen Vertreter Nazi-Deutschlands. Denn auf dem Bild steht:

„Unsere Zugführer streiken nie!!!“

Zugführer hat hier eine doppelte Bedeutung: Ein „Zug“ ist eine Teileinheit von Militär, Polizei oder Feuerwehr, der militärische Zugführer etwa führt zwölf bis 60 Soldaten an. Zudem ist ein Zugführer der für die Sicherheit eines Eisenbahn-Zuges verantwortliche Mitarbeiter.

Das Bild legt also einerseits nahe, dass die Wehrmachtssoldaten besonders pflichtbewusst gewesen seien. Das ist NS-Propaganda. Auch dort gab es Fahnenflucht, 400.000 Soldaten der Wehrmacht desertierten, bis zu 20.000 von ihnen wurden deswegen hingerichtet.

Andererseits spielt das Bild an die Deportations-Züge der Nazis an, mit denen Hunderttausende Jüdinnen und Juden von den Nazis in die Vernichtungslager transportiert wurden.

Es stimmt: Deutsche Züge rollten pausenlos nach Auschwitz, Treblinka, Majdanek, Sobibor und Belzec. Entsprechend wurde „[d]er Vieh- oder Eisenbahnwaggon […] eines der bekanntesten Symbole des Holocaust„, betont die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem.

Ja, das Bild ist ein Witz. Es ist aber auch eine beispiellose Verharmlosung des Völkermords an den europäischen Jüdinnen und Juden. Gleichzeitig wird die Botschaft vermittelt, dass es damals – unter den Nazis – besser gewesen sei als heute.

Auch das ist Nazi-Propaganda: Denn dass die Zugführer:innen unter dem NS-Regime nicht streikten lag nicht an den paradiesischen Verkehrszuständen, sondern an der blutigen Zerschlagung der Gewerkschaften und der Abschaffung des Streikrechtes. In der „deutschen Volksgemeinschaft“ durfte es keine Klassenkämpfe geben.

Der Mann, der das Bild an einem Sonntagabend über Facebook mit seinen 716 Kontakten teilte, ist als Polizist in der Gemeinde Schenna tätig.

Bereits in der Vergangenheit fiel er mit rassistischen Postings auf der Socia-Media-Plattform auf. So verbreitete er mehrfach Nachrichten, in denen geflüchtete Personen als Sozialbetrüger dargestellt werden. In anderen Beiträgen werden Politiker:innen als „Flaschen“ bezeichnet und Falschparker:innen Faustschläge ins Gesicht angedroht.

Auch wenn die Botschaften in der Form von Witzen daherkommen – sie geben Einblick in das Denken dieser Person. Und das ist mehr als bedenklich.

Die beiden nun öffentlich gewordenen Fälle im Grödental und Burggrafenamt sind nur die Spitze des Eisbergs. Rechtsextreme und rassistische Einstellungen sind in der Polizei weit verbreitet. Klar ist, dass es sich dabei nicht um „Einzelfälle“, sondern um ein strukturelles Problem handelt.

Mit gravierenden Konsequenzen, die sich etwa bei permanenter Überwachung migrantischer Communities (Racial Profiling) oder dem Wegsehen bzw. Vertuschen rechtsextremer Straftaten zeigen. So flogen die Nazi-Terroristen des NSU auch deshalb nicht auf, weil die Polizei den Opfern Verstrickungen mit der türkischen Mafia und dem Drogenhandel unterstellte.

Im äußersten Fall sind diese Personen innerhalb des Polizeiapparats das personelle Reservoir faschistoider Umsturzpläne, wie sie etwa in der BRD vom 2018 aufgedeckten Hannibal-Netzwerk verfolgt wurden.

Wie so oft will dann aber niemand etwas gewusst haben.

Midgard-Leak: Was Südtiroler:innen im schwedischen Neonazi-Shop kauften

Auch drei Personen aus Südtirol haben bei dem rechtsextremen Versandshop „Midgard“ bestellt – das geht aus den kürzlich veröffentlichten Kund:innendaten hervor. Unter ihnen ist mutmaßlich auch ein Carabinieri-Beamter.

Vor Kurzem wurde der rechtsextreme Internetversand „Midgard“, der von Schweden aus operiert, gehackt. Nun wurden 20.000 Bestelldaten von 2017 bis 2022 auf der Internetseite midgard.antifa.se veröffentlicht, wie die Antifa Stockholm berichete.

Auch drei Personen aus Südtirol finden sich mit Adresse, E-Mail-Adresse und Telefonnummer in der Liste – inklusive Details zu den Bestellungen. Sie konnten durch die Ortsangaben (Ortisei, Valles, Moos in Passeier) rasch ausfindig gemacht werden.

91 Artikel aus dem Neonazi-Shop gingen nach Urtijëi/St. Ulrich (Bildquelle: Discogs)

Am häufigsten kaufte ein Grödner aus Urtijëi/St. Ulrich beim rechtsextremen Internetversand ein. Ganze 91 CDs ließ er sich zwischen 2018 und 2022 in 15 Bestellungen liefern. Vermutlich sind es noch mehr, da von 2023 keine Daten vorliegen. Bei CD-Preisen um die 15 Euro kommen so schnell 1.400 Euro zusammen.

Das Brisante daran: Es soll sich dabei um einen in Gröden stationierten Carabinieri-Beamten handeln. Sein Name tauchte bereits 2015 auf einer geleakten Kund:innenliste des neonazistischen OPOS-Versands auf. Er wird als schweigsam und unauffällig beschrieben.

Seine Profilbilder auf Instagram und Telegram zeigen das Gemälde „Tors strid med jättarna“ (deutsch: Thor kämpft mit den Riesen) des Malers Mårten Eskil Winge von 1872. Die Darstellung ist bei nordisch-germanisch orientierten Rechtsextremen beliebt, da der germanische Gott Thor ein Sonnenrad bzw. Hakenkreuz am Gürtel trägt.

Das Instagram-Profil des Grödners: Thor mit Hakenkreuz (Bildquelle: Instagram/Wikipedia)

Die Bands, deren Musik er kaufte, sind allesamt der rechtsextremen Szene zuzuordnen, darunter Rechtsrock, National Socialist Hardcore (NSHC) und National Socialist Black Metal (NSBM). Hier nur einige Beispiele: Seine erste Bestellung im April 2018 enthielt zwei Alben der Schweizer Neonazi-Band „Erschiessungskommando“, von denen eines für Schlagzeilen gesorgt hatte, da in einem Lied zum Mord gegen eine Politikerin und ihre Familie aufgerufen wird.

Im April 2022 erwarb er wiederum zwei CDs von „Skrewdriver“, der wohl bekanntesten europäischen Neonazi-Band. Darauf findet sich das Lied „Stolz“, in dem es heißt:

„Der Stolz deiner Nation, der Stolz deiner Rasse / Verlier es nicht, sonst bist du verloren.“

Im Juni desselben Jahres bestellte der Mann zwei Alben der anonymen Band „Zillertaler Türkenjäger“, die in Deutschland wegen Volksverhetzung verboten wurden. Auf dem Cover ist eine Fotomontage zu sehen, die VIVA-Moderator Mola Adebisi, Farin Urlaub (Die Ärzte) und Campino (Toten Hosen) an einem Galgen zeigt. Das Verbot erfolgte auch wegen Lieder wie „Das Reich“, in dem ganz offen die NS-Zeit verherrlicht wird:

„Eine große Zeit fürwahr / Die SS und die SA / Es war alles wunderbar.“

Aber auch auf den ersten Blick sichtbare NS-Bezüge schreckten ihn nicht ab: Auf dem Cover des Albums „Vom Blute rein“ der deutschen Hardrock-Band „Stahlhelm“ sind SS-Soldaten zu sehen, auf „Unter blutrotem Banner“ von „Projekt 8.8“ wehende Hakenkreuz-Fahnen (siehe oben).

Urtijëi/St. Ulrich, 2023: Rechtsextremismus, Mythologie, Verschwörung (Bildquelle: Facebook)

Der Midgard-Kunde ist in Urtijëi/St. Ulrich mit seinen Ansichten nicht allein, wie das obige Foto zeigt. In den letzten Jahren hat sich dort eine Gruppe etabliert, die sich ideologisch zwischen Rechtsextremismus, nordischer Mythologie und rechten Verschwörungstheorien (Stichwort: Vril-Gesellschaft) bewegt. Die Mitglieder sind um die 30 Jahre alt und bezeichnen sich als „Berserker“, d. h. nordische Krieger, und waren in der Vergangenheit laut Aussagen einer im Dorf wohnhaften Person in gewalttätige Übergriffe involviert.

Die Gruppe ist stark maskulinistisch und rassistisch geprägt und war an Trinkgelagen, dem Besuch rechter Konzerte sowie der Abhaltung von winterlichen Sonnwendfeiern beteiligt. Zur örtlichen Schützenkompanie bestehen gute Kontakte, ein führendes Schützen-Mitglied ist bekannt für seine Faszination für die nordische Mythologie und hat seinem Kind den Namen einer germanischen Gottheit gegeben.

Musik von Stahlgewitter, Landser und Co. ging ins Passeiertal (Bildquelle: Discogs)

Zweiter Schauplatz – Moos in Passeier. Die Rechtsrock-Szenegröße „Stahlgewitter“ hat auch dort Fans. Zwei CDs der Band wurden im April 2022 bei dem schwedischen Internetversand bestellt, eines davon heißt „Auftrag Deutsches Reich“. Das gleichnamige Lied beginnt mit sechs „Heil“-Rufen und gipfelt in der Zeile „Heil dir, Germania“.

Die Passeirerin kaufte zudem zwei Compilations, also Alben mit Musikstücken verschiedener rechtsextremer Bands. Darauf sind Lieder wie „Stolzer Germane“ (Fylgien), „White Power“ (HKL/Nothung) und „Arisches Kind“ (Landser), in dem es heißt:

„Nicht alle Menschen die sind gut / Gut ist immer nur / ein Mensch mit reinem Blut.“

Die Band war eine der bekanntesten Neonazi-Bands in Deutschland, ihre Mitglieder wurden 2003 wegen Bildung einer kriminiellen Vereinigung verurteilt. Vielleicht waren die rechtsextremen CDs aber auch für ihren Partner bestimmt, der sich seine Gesinnung tätowieren ließ: Seine rechte Schulter wird von Hakenkreuz und Schwarzer Sonne geschmückt.

Eine Person aus Vals in der Gemeinde Mühlbach wiederum bestellte im September 2018 in Schweden neben „Blood & Honour“-Material ein Buch über den US-amerikanischen Neonazi Richard Scutari, Gründungsmitglied in der rechtsextremen Terrorgruppe „The Order“, die 1984 einen jüdischen Moderator ermordete.

Die jetzt veröffentlichten Bestelldaten sind nur die Spitze des Eisbergs: Es gibt dutzende Internetshops, die sich auf rechtsextreme Musik, Merchandise und Kleidung spezialisiert haben. Oft – wie auch im Fall von „Midgard“ – kommen die Betreiber selbst aus der Neonazi-Szene. Die Bestellungen geben Einblick in ein Marktsegment, in dem Millionen umgesetzt werden. Gleichzeitig ist Musik oft die „Einstiegsdroge“ in die Szene und hilft dabei, neue Mitglieder zu rekrutieren.

Verbote helfen da oft wenig – Antifaschismus bleibt Handarbeit, und das heißt „denen nachhaltig auf die Nerven zu gehen, die versuchen, sich als Konservative zu verkleiden, aber in Wirklichkeit für Rassismus, Nationalismus und völkisches Denken stehen“, wie es Margarete Stokowski einmal formuliert hat.

Deutsche Burschenschaft: Schiffbruch im sonnigen Süden

Es sollte ein zweitägiges Fest im Zeichen von Nation und Vaterland werden, eine Vernetzungsfeier im „deutschen Süden“, eine unbeschwerte Fahrt zu stramm rechten, echten deutschen Freunden. Manchmal läuft nicht alles nach Plan. Und manchmal läuft alles aus dem Ruder: Die Deutsche Burschenschaft hat ein Debakel erlitten wie schon lange nicht mehr.

Die Verbandstagung: zusammengekürzt, chaotisch, spärlich besucht. Nur rund einhundert Teilnehmer:innen zog es nach Südtirol. Und dann wurde auch noch öffentlich bekannt, dass sich die Deutschnationalen als „deutsch-italienischer Kulturverein“ ausgeben mussten, um überhaupt an einen Raum zu kommen. 

Zum Ablauf der Verbandstagung verweisen wir auf den Bericht der Antifa Freiburg.

Schon der Donnerstag hatte für die Deutsche Burschenschaft miserabel begonnen: Wieder eine Polizei-Razzia bei einer Mitgliedsverbindung, diesmal bei der Burschenschaft „Teutonia Prag“ aus Würzburg (Bayern). Der Verdacht: Volksverhetzung und das Verwenden von Symbolen verfassungswidriger Organisationen. Wieder einer dieser „Einzelfälle“, Symptome desselben faschistoiden Geschwürs, das einen Großteil des Verbandes durchzieht.

Für das stark verkürzte Programm für Freitag und Samstag wollte sich in Südtirol zunächst auch niemand so recht hergeben. Mehrere Gaststätten im Meraner Raum hatten entsprechende Anfragen bekommen – und abgelehnt: „Wir wollen mit derartigen Gruppen nichts zu tun haben und distanzieren uns.“

Mehr Glück hatte der von rechtsextremen dominierte Verband beim „Sandwirt“ im Passeiertal, dem Geburtshaus von Andreas Hofer, einem beliebten Treffpunkt rechtskonservativer Gruppen. Dort konnten sich die Burschen am Freitag fröhlich versammeln, obwohl die Betreiber Bescheid wussten, dass sie sich unter anderem Neonazis in die Stube holen. Auf Nachfrage galt: „Geschlossene Gesellschaft“. Beim Marlinger Vereinshaus mussten sich die Deutschnationalen dann schon bis zur Lächerlichkeit verbiegen, um an den Raum zu kommen: Gebucht wurde dieser für die Gründungsfeier eines „deutsch-italienischen Kulturvereins“, so eine Verantwortliche des Hauses.

Geschützt wurden die deutschen Männerbündler in Marling von einer Vielzahl Zivilbeamter, die sowohl im Auto als auch zu Fuß um das Gebäude schwirrten und auch Passant*innen kontrollierten. Am Kirchplatz standen mehrere Einsatzfahrzeuge der Carabinieri. Es war ein Aufgebot, als gäbe es eine Bombendrohung.

Rechtsextreme? Nicht willkommen!

Im Vorfeld des Treffens drückten unterschiedliche Gruppen in Süd- und Nordtirol mit Protestaktionen ihre Ablehnung aus. In Lana und Innsbruck kam es zu Banneraktionen der Fans des FC Obermais und des FC Wacker Innsbruck, in Marling, Algund und Meran fanden Banner-Drops und Plakataktionen statt, in Meran gab es am Samstagnachmittag einen Infostand.

Die Großdeutschland-Versteher

Der große nationale Schulterschluss mit der deutschsprachigen Rechten in Südtirol bei der Tirol-Feier am Samstag war ausgeblieben. Mit dabei waren jene Politiker:innen, die sich bereits im Vorfeld für die Burschenschafter stark gemacht hatten. Um nur einige zu nennen:

  • Otto Mahlknecht ist Freiheitlicher Landtagskandidat, Mitglied der Verbindung „Laurins Tafelrunde“ und Anwalt der Deutsche Burschenschaft. Vor wenigen Jahren hatte er sich noch gegen die Sanierung „faschistischer Relikte“ in Bozen stark gemacht und der Stadtführung „nationalistisches Denken“ vorgeworfen, gestern feierte er mit deutschen Rechtsextremen und Nationalisten in Marling.
  • Melanie Mair, Landesjugendsprecherin der Süd-Tiroler Freiheit und Mitglide bei der Schützenkompanie Tscherms, hat gute Verbindungen zu den beiden rechtsextremen Burschenschaften Brixia und Suevia aus Innsbruck. Die Brixia hatte 1989 den Holocaust-Leugner David Irving nach Innsbruck geladen. In einem Leserbrief gibt Mair an, „viel Zeit mit Burschenschafter“ verbracht zu haben und von deren „Kameradschaft“ beeindruckt gewesen zu sein. Na dann.
  • Gudrun Kofler, Mitglied der Süd-Tiroler Freiheit, hat als FPÖ-Landtagsabgeordnete in Tirol von Haus aus wenig Berührungsängste mit Burschenschaften. Die FPÖ gilt ja als eine von Burschenschaftern unterwanderte Partei, 2019 etwa waren 40 % der FPÖ-Nationalratsabgeordneten Mitglied einer deutschnationalen oder völkischen Verbindung.

Und man vertraut auch nicht auf Politik und Polizeiapparat…

Nach der klaren Positionierung der Gemeinde Algund und ähnlichen Aussagen vonseiten SVP-Leitung wäre davon auszugehen gewesen, dass der Deutschen Burschenschaft keine öffentlichen Räume in Südtirol zur Verfügung gestellt werden.

Letztlich konnten rechtsextreme Burschenschafter im Marlinger Vereinshaus feiern. Und auch wenn die Verantwortlichen in Marling beklagen, „getäuscht“ worden zu sein: Hier wurde von der Gemeinde und SVP-Bürgermeister Felix Lanpacher bewusst weggesehen, da allen klar sein musste, dass die Burschenschafter für diesen Tag ein Ersatzlokal suchen.

Es hat sich gezeigt, dass auf die Politik und die SVP kein Verlass ist, wenn es um Neonazismus und Rechtsextremismus geht. Sie haben diesen für wenig Geld eine öffentliche Bühne geboten – während die Anti-Terror-Polizei Digos daran mitgewirkt hat, dass eine Veranstaltung gegen Rechtsextremismus in Meran abgesagt werden musste.

Antifaschismus wirkt!

Festgehalten werden kann, dass die Deutschnationalen und Rechtsextremen bei ihrem Versuch, für ihre Sache im „deutschen Süden“ zu werben, eindeutig Schiffbruch erlitten haben. Gleichzeitig hat die Auseinandersetzung gezeigt, wie wichtig antifaschistisches Engagement, Bündnisarbeit und Vernetzung sind. Und dass es jede:n Einzelne:n braucht, um solche Kämpfe auch in Zukunft führen zu können. Denn nur gemeinsam ist es uns gelungen, die nationalistische Jubelfeier zum Desaster zu machen: Naziburschen – auf Nimmerwiedersehen!

Fotos: versch. anonyme Zusendungen

Eilmeldung: Burschenschafter treffen sich im Vereinshaus von Marling

Burschenschafter trafen sich gestern im Sandwirt im Passeier (Foto: anonym)

Die Tirol-Feier der überwiegend rechtsextremen Deutschen Burschenschaft wird heute ab 20 Uhr in Marling stattfinden  – in den Räumlichkeiten der Gemeinde, dem Vereinshaus im Dorfzentrum. Dies geht aus internen Quellen des Verbandes hervor.

Vonseiten des Marlinger Vereinshauses hieß es, sie seien von der Deutschen Burschenschaft getäuscht worden. Angemeldet wurde eine „kulturelle Veranstaltung“. Diese Angabe konnte noch nicht überprüft werden. In jedem Fall wurden die Marlinger:innen hinters Licht geführt: Die Bevölkerung hat ein Recht darauf zu erfahren, wenn hunderte Nationalisten und Neonazis mitten im Dorf feiern.

Dass das rechtsextreme Verbandstreffen nach der Debatte im Sommer in den Räumen einer anderen Gemeinde stattfindet, ist in jedem Fall mehr als skandalös. Hier hätten Hintergrundinformationen eingeholt werden müssen, die Gemeindeleitung unter SVP-Bürgermeister Felix Lanpacher hat völlig versagt.

Dass Neonazis und Nationalisten aus Deutschland und Österreich in öffentlichen Räumen ihre menschenverachtende Gesinnung zur Schau stellen können, darf nicht folgenlos hingenommen werden. Rechtsextremismus hat in unserer Gesellschaft keinen Platz.

Erst der Donnerstag fand bei einem Mitgliedsverband der Deutschen Burschenschaft, der Burschenschaft „Teutonia Prag“ aus Würzburg (Bayern), eine Polizei-Razzia stattgefunden. Der Verdacht: Volksverhetzung und das Verwenden von Symbolen verfassungswidriger Organisationen.

Rund 30 Burschenschafter aus Deutschland trafen sich dann gestern Abend in den Räumen des „Sandwirts“ in St. Leonhart im Passeiertal, darunter auch szenebekannte Rechtsextreme.

Die Betreiberin des „Sandwirts“ hielt an der Veranstaltung fest, obwohl sie im Vorfeld über die Hintergründe des Verbandes informiert worden war. Zahlreiche andere Gaststätten in Südtirol hatten mehr Rückgrat gezeigt – und die Burschenschafter abgewiesen. Ein Lokal in Marling lud sie wieder aus, nachdem sich die Burschenschafter unter falschem Namen angemeldet hatten.

Burschenschafter-Treffen: Protestaktionen, Absagen und miese Stimmung

Foto: fanszene.obermais (Instagram)

Im Meraner Raum kam es zu Protestaktionen gegen das versteckte Treffen der überwiegend rechtsextremen Deutschen Burschenschaft in Südtirol. Auch mehrere Gaststätten haben entsprechende Anfragen der Rechtsextremen abgelehnt: Sie wollen „mit derartigen Gruppen nichts zu tun haben“. Die Stimmung unter den Burschenschafter ist schlecht.

Fans des FC Obermais haben mit einer Banner-Aktion ihren Unmut über das Treffen ausgedrückt. Bei dem Spiel gegen den SV Lana entrollten rund ein Dutzend Fans des Oberliga-Vereins aus der Passerstadt ein Banner mit der Aufschrift „BURSCHENSCHAFTER NOT WELCOME“.

In sozialen Medien schreibt die Fangruppe Curva Sud Obermais zu der Aktion: „In Zeiten globaler Krisen, niedriger Löhne und Armut erfahren populistische und rechtsextreme Parteien erfahrungsgemäß einen großen Aufschwung. Im Oktober stehen in Südtirol die Landtagswahlen an: Die gewohnten Feindbilder werden hervorgeholt. Für ein paar Stimmen wird quer durch die Parteilandschaft fleißig nach unten getreten.“

„Die Geschichte zeigt, wie verheerend rechte Ideologien sein können, deswegen ist es gerade jetzt umso wichtiger klar Stellung zu beziehen und gemeinsam gegen Menschenfeindlichkeit und rechte Hetze zu stehen“, so die Curva Sud.

Foto: anonym

In der Nacht auf heute (Freitag) haben Antifaschist:innen im Meraner Raum an verschiedenen Orten Plakate mit der Aufschrift „Burschenschaften nicht willkommen – Südtirol gegen Rechtsextremismus“ angebracht, um auf das Treffen hinzuweisen und die ablehnende Haltung der Bevölkerung zu unterstreichen.

Wie heute bekannt wurde, hatten mehrere Gaststätten im Meraner Raum entsprechende Anfragen bekommen – und abgelehnt. Auch ein Lokal in Marling hatte einer Reservierungsanfrage zunächst zugesagt, da die Rechtsextremen mit falschem Namen aufgetreten waren. Nachdem die Betreiber:innen auf die Hintergründe aufmerksam wurden, luden sie die Burschenschafter wieder aus: „Wir wollen mit derartigen Gruppen nichts zu tun haben und distanzieren uns“, hieß es auf Nachfrage.

Der von Rechtsextremen dominierte Verband „Deutsche Burschenschaft“ wollte sein Verbandstreffen ursprünglich im Thalguterhaus in Algund abhalten. Nach Protesten aus der Bevölkerung lud die Gemeinde die die Burschenschafter wieder aus. Wie aus internen Schreiben hervorgeht, kann die Deutsche Burschenschaft ihre Verbandstagung nur noch mit Rumpfprogramm durchführen. Der inhaltliche Teil musste gestrichen werden, es geht nur mehr den gemeinsamen Bierkonsum am Samstag, den 16.09. in einer noch geheimen Lokalität im Raum Meran. Auch deshalb ist die Stimmung im Verband miserabel, da viele Burschenschafter dafür nicht die lange Anreise aus Deutschland und Österreich auf sich nehmen wollen.

Burschenschafter-Treffen im Hinterzimmer: „Die Bevölkerung wird hinters Licht geführt“

Foto: daklebtwas

Die überwiegend rechtsextreme Deutsche Burschenschaft ist in Südtirol nicht willkommen. Trotzdem hält der Verband an der Tagung in Algund fest und will sie unter falschem Namen in einem anderen Lokal durchführen.

Die Ewiggestrigen zeigen sich wieder einmal so unbelehrbar wie hinterlistig und versuchen dreist und verzweifelt einen Fuß in die Tür zu bekommen. Dabei sprechen die Ausladung durch die Gemeinde Algund und die Ablehnung in der Bevölkerung eine klare Sprache: Rechtsextremisten sind in Südtirol nicht willkommen – die Deutsche Burschenschaft ist nicht willkommen.

Wie aus einem internen Rundschreiben des Verbandes hervorgeht, plant die Deutsche Burschenschaft den Höhepunkt des Treffens – den „Tirol-Kommers“ – am Samstag, 16. September, weiterhin im Algunder Raum durchzuführen. Eine entsprechende private Räumlichkeit wurde vom Verband über einen Tarnverein bereits gebucht, die Feier soll im Geheimen stattfinden, mit Bier und politischen Reden.

Die Anreise aus Deutschland und Österreich soll teilweise mit Bussen stattfinden. Laut Informationen sollen Vertreter der Südtiroler Freiheit, der Freiheitlichen und der Schützen auf der Veranstaltung eine Rede halten: Faschismus stört offenbar nur, wenn er italienischsprachig ist.

Einen Begrüßungsabend vor dem Treffen in Südtirol soll am Freitag, den 15. September, in München stattfinden. Für die Burschenschaften, die zu dem Zeitpunkt schon in Südtirol sind, soll eine Willkommensfeier im Meraner Raum organisiert werden.

Gastwirt:innen im Burggrafenamt sind aufgefordert, genau hinzusehen, wer für diesen Abend Räumlichkeiten gebucht hat. Niemand wird ein Interesse daran haben, sich alkoholisierte Neonazis und Faschistenfreunde ins Haus zu holen – und damit womöglich ein unberechenbares Sicherheitsrisiko einzugehen.

Die Deutsche Burschenschaft ist ein Dachverband von überwiegend rechtsextremen Studentenverbindungen aus Deutschland und Österreich. Die ursprünglich dreitägige Verbandstagung im Thalguterhaus in Algund wurde nach öffentlicher Kritik durch die Gemeinde untersagt. Zahlreiche Gruppen und Einzelpersonen sprechen sich gegen das Treffen in Südtirol aus.

Der Burschenschaftsspuk ist noch nicht vorbei

Von verzweifelten Rechtsklagen und unglaubwürdigen Diffamierungsversuchen

Die Ausladung der Deutschen Burschenschaft aus dem Thalguterhaus war wichtiges Zeichen der Gemeinde, dass rechtsextreme Gesinnung nicht toleriert wird. Wir freuen uns über die klare Position von Vizebürgermeisterin Ganner, die von Anfang an gegen die Durchführung des Treffens war und sich deutlich positioniert hat. Algund ist damit nicht allein: Im Jahr 2013 versuchte die DB in Innsbruck, ihre Verbandstagung in städtischen Räumlichkeiten abzuhalten – auch damals wurde ihnen gekündigt. Genauso wie 2019 in der Nähe von Colmar. Die Protest-Aktion in Südtirol war in vielen Teilen ein Erfolg.

 

In ihrer Pressemitteilung zeigt die deutsche Burschenschaft wieder einmal, dass ihr außerhalb einiger polemischer Kampfbegriffe nur heiße Luft bleibt. Die Versuche, kritische Stimmen als „antidemokratisch“ oder gar „terroristisch“ zu diffamieren, ohne dabei inhaltlich auf die Kritik einzugehen, ist ein verzweifelter populistischer Versuch von den eigentlichen Vorwürfen und Verstrickungen abzulenken. Für uns bleibt weiterhin klar: Aktiver Protest ist Teil demokratischer Meinungsbildung und zeugt von zivilgesellschaftlichem Engagement.

 

Hier eine Einschätzung von uns, wie es weitergehen könnte:

Was sicher ist, die DB hält weiter an ihrem Treffen in Algund – entgegen dem Wunsch der Gemeinde – fest. Das sagt sie in einer Aussendung. Zudem habe sie gegen die „widerrechtliche einseitige Kündigung durch das Thalguterhaus“ rechtliche Schritte durch eine Bozner Anwaltskanzlei eingeleitet. Schützenhilfe bekommen sie durch Rechtsanwalt Otto Mahlknecht, Vizeobmann der Freiheitlichen.

  • Szenario 1: Möglich wäre, dass die DB den Rechtsstreit mit der Gemeinde gewinnt und ihre Veranstaltung trotzdem im Thalguterhaus veranstalten kann.
  • Szenario 2: Die Veranstaltung der DB findet in einer anderen öffentlichen Lokalität im Burggrafenamt statt. Davon auszugehen ist, dass die Burschenschafter schon fleißig am Suchen sind. Zumindest scheint es schon Bürgermeister zu geben, die dem nicht abgeneigt wären. (Artikel 1, Artikel 2)
  • Szenario 3: (Am wahrscheinlichsten) die Veranstaltung findet unter dem Radar in einem (vielleicht auch privaten) Ausweichraum im Raum Burggrafenamt statt, welcher nicht öffentlich mitgeteilt wird.
  • Szenario 4: Die Veranstaltung wird aufgrund von Sicherheitsbedenken von den Behörden abgesagt.

Die DB hat ein klares Zeichen erhalten, dass viele Menschen hier keine rechtsextremen Ideen teilen und dass ihnen Räume nicht einfach so zur Verfügung gestellt werden.

Der Nationalsozialismus brachte Millionen von Menschen Vernichtung, Krieg und Vertreibung. In Südtirol gab es sowohl Opfer als auch Täter, da die kleine Provinz unter den Auswirkungen zweier faschistischer Regime litt. Angesichts dieser Geschichte tragen wir eine besondere Verantwortung, uns klar von rechtsextremen und völkischen Positionen zu distanzieren und sie aus dem öffentlichen Raum zu drängen. Als Sammelbecken teils rechtsextremer Burschenschaften hat die DB in einer offenen, bunten und solidarischen Gesellschaft keinen Platz.

 

Quelle: nrwz.b-cdn.net

Wir ermutigen die Gemeinde Algund, Bürgermeister Gamper und Vizebürgermeisterin Ganner, weiterhin an der Kündigung festzuhalten.
Die Menschen in Südtirol rufen wir dazu auf, deutlich Position zu beziehen und den Rechtsextremen keine Unterkunft oder Treffpunkte zu gewähren. Zivilgesellschaftliche und politische Gruppen sind aufgerufen, den Protest gegen die Veranstaltung zu unterstützen und sich daran zu beteiligen.

 

Die Sorge, dass die Burschenschafter dennoch in Südtirol zusammenkommen könnten, besteht weiterhin. Daher ist es wichtig, auf allen Ebenen zu zeigen, dass sie hier nicht willkommen sind. Wir möchten keinen Raum für Menschen bieten, die den Nationalsozialismus verherrlichen, menschenverachtende Ideologien unterstützen oder sich auf „Ariernachweise“ beziehen.

 

Burschenschafter-Treffen abgesagt: „Mehrheit gegen Rechtsextremismus!“

Quelle: Dresdner Neueste Nachrichten

Wir begrüßen, dass die Gemeinde Algund gestern der Verbandstagung der Deutschen Burschenschaft im Thalguterhaus eine Absage erteilt hat. Nachdem wir bereits vor fast einem Monat  – am 13. Juni  – öffentlich auf die Hintergründe aufmerksam gemacht haben war dieser Schritt längst überfällig.

Die letzten Tage haben gezeigt, dass es in Südtirol breite und engagierte Kräfte gegen Rechtsextremismus gibt. Zahlreiche Einzelpersonen und Gruppen aus allen Bezirken haben sich in Leser:innenbriefen, Kommentaren und Aussendungen öffentlich gegen das rechtsextreme Treffen ausgesprochen. Es war wertvoll zu sehen, dass sich eine Mehrheit der Menschen klar gegen Rechtsextremismus und Menschenfeindlichkeit positioniert hat.

Uns hatten in den letzen Wochen E-Mails von Anwohner:innen erreicht, die sich solidarisierten, verschiedenste Wissenschaftler:innen haben sich kritisch geäußert. Die Eine-Welte Gruppe Algund, der Verband ANPI und Vertreter:innen der Grünen haben sich dagegen positioniert und in Teilen auch Protest angekündigt. Vizebürgermeisterin Ganner selbst hat von Beginn an das Treffen nicht stattfinden lassen wollen und wir freuen uns über eine so klare Position gegenüber rechter Ideologien.

Wir bedanken uns bei allen engagierten Menschen, die sich aktiv und mutig an der Auseinandersetzung beteiligt haben und gezeigt haben, dass Antifaschismus bedeutet gemeinsam zusammanzustehen gegen rechte Umtriebe und völkisches Denken. Die Absage ist ein Erfolg dieser gemeinsamen Anstrengung: Antifaschismus wirkt! Jetzt gilt es wachsam zu bleiben und weiteren Versuchen der Burschenschaften, in Südtirol aufzumarschieren, ebenso entschlossen entgegenzutreten.

Zurückzuweisen ist jedoch die Behauptung, es hätte Drohungen von antifaschistischen Gruppen gegeben. Richtig ist, dass von verschiedener Seite Proteste gegen das Treffen angekündigt wurden. Die Algunder Gemeindeleitung sollte hier noch etwas recherchieren, dann wird sie erkennen, dass Protestformen wie Kundgebungen oder Demonstrationen Teil einer lebendigen Demokratie sind.

 

Burschenschafter-Treffen in Algund: „Nicht kommentarlos hinnehmen“  

Die Antifa Meran bedauert, dass sich Teile der Algunder Gemeindeleitung noch immer nicht der Tragweite des Burschenschafter-Treffens bewusst sind. „Während sich Vizebürgermeisterin Ganner-Laimer und Verwalterin Pichler gegen die Veranstaltung im Vereinshaus aussprechen, zeigen andere leider nicht so viel Rückgrat“, heißt es in einer Aussendung.
 
„Expert:innen, Historiker:innen und lokale Gruppen haben sich klar gegen das Treffen positioniert. Jetzt ist die Gemeinde am Zug. Sollte sie entgegen jeder Vernunft am Vernetzungstreffen rechtsextremer Burschenschaften festhalten, werden wir das keinesfalls kommentarlos hinnehmen“, betont die Antifa Meran. 
 
Die Rechtsextremismus-Expert:innen Natascha Strobl und Andreas Peham aus Wien bestätigen die Kritik der Antifa Meran. Die Südtiroler Historiker Hans Heiss und Hannes Obermair und der Politologe Thomas Kobler betonen ebenfalls die Problematik der rechtsextremen Veranstaltung in Südtirol. Die Eine-Welt-Gruppe Algund und die antifaschistische Vereinigung ANPI fordern die Absage des Treffens. „Die Gemeinde kann sich nicht länger auf Unwissenheit hinausreden“, so die Antifa Meran.
 
Nachdem die Verantwortlichen in Algund seit einigen Wochen immer noch damit beschäftigt sind, ‚nachzulesen‘ und über die Deutsche Burschenschaft ‚zu recherchieren‘, hat die Antifa Meran als Entscheidungshilfe einige Kritikpunkte in einem Video zusammengefasst.

„Es wird nicht ausreichen, lediglich zu recherchieren, wer bei der Tagung referiert, ohne die Deutsche Burschenschaft als demokratiefeindliche Struktur zu erkennen: „Sie ist ein Sammelbecken aus völkischem Nationalismus, elitärer Ideologie und rechtsextremem Gedankengut, die organisatorisch teilweise von der AFD und FPÖ bis in die NPD und die Neonaziszene hineinreicht“, erklärt die Gruppe.
 
„Solche Treffen sind auch Vernetzungstreffen mit der örtlichen rechtsextremen Szene, daher muss die Gemeinde Algund hier Verantwortung und Haltung zeigen. Sollte das Treffen der Deutschen Burschenschaft nach der ganzen Debatte trotzdem stattfinden, kann und wird das nicht ohne Reaktion bleiben“, so die Antifa Meran.

Dialog mit Neonazis? | Update zum Burschenschafter-Treffen

Foto: Screenshot RAI Südtirol

Die Gruppe Antifa Meran kritisiert die Hinhaltetaktik des Algunder Bürgermeister Ulrich Gamper (SVP). Dieser hält weiterhin am Burschenschafter-Treffen im Thalguterhaus fest und ruft zum „Dialog“ auf. Statt Haltung zu zeigen, trägt er dadurch leider zur Verharmlosung von Rechtsextremismus und Neonazismus bei.

Zu den Hintergründen: Verbandstagung der Deutschen Burschenschaft in Algund

„Offensichtlich spielt BM Gamper auf Zeit, wenn er seit über zwei Wochen von der Problematik des Treffens weiß und immer noch Informationsbedarf sieht“, so die Antifa Meran. Gamper sollte lieber auf diejenigen hören, die sich wissenschaftlich mit diesen Gruppierungen auseinandersetzen. Forscher:innen sind sich einig, dass die Deutsche Burschenschaft Teil der extremen Rechten ist (Alexandra Kurth, Universität Gießen) und Neonazis nach Algund kommen werden (Andreas Peham, Wien).

„Die Gemeinde Algund trägt Verantwortung darüber, was in ihren Räumlichkeiten passiert. Wenn bei solchen Veranstaltungen, wie im letzten Jahr, Redner auftreten, die den Nationalsozialismus relativieren oder sogar verherrlichen, dann fällt das auf die Gemeinde und die Algunder Bevölkerung zurück“, erklärt die Antifa Meran.

Die Forderung des Bürgermeisters nach Dialog und Verständigung zeugt von fehlender Sensibilität für die Gefahren rechtsextremen Denkens: „Das einzige Gespräch, das diese Leute brauchen, ist das mit Sozialarbeitern und Deradikalisierungsexpertinnen.“

Burschenschafter sind teilweise mit der militanten, gewalttätigen Neonaziszene vernetzt. „Wenn Gamper zum Dialog mit den Burschenschaften aufruft und weiter an der Tagung im Thalguterhaus festhält, dann trägt er dazu bei, dass rechtsextremen Gedankengut in Südtirol Raum gegeben wird“, erklärt die Antifa Meran.

Aufs Schärfste zurückzuweisen ist zudem die Stellungnahme von Otto Mahlknecht (Freiheitliche) in einem Beitrag von RAI Südtirol, in dem er antifaschistische Positionen unbegründet diffamiert. Statt sich der Kritik zu stellen packt er die Hufeisentheorie aus: Nicht über das tatsächliche Anliegen wird gesprochen, nämlich rechtsextreme Burschenschafter und Neonazis in Südtirol zu beherbergen, sondern der Blick wird auf einen vermeintlichen ominösen Feind von links gerichtet.

Gleichzeitig werden in dem Beitrag falsche Behauptungen aufgestellt, die das Treffen legitimieren sollen. So heißt es in einem Fernsehbeitrag, der Journalist Kai Diekmann und der CSU-Politiker Peter Ramsauer seien Mitglieder der Burschenschaft Cimbria, die derzeit den Vorsitz der Deutschen Burschenschaft innehat. Alles halb so wild also? Richtig ist: Diekmann ist Mitglied der Burschenschaft Franconia, Ramsauer ist bei Franco-Bavaria. Ramsauer hat gegen die rechtsextremen Tendenzen der Deutschen Burschenschaft öffentlich protestiert, 2013 ist Franco-Bavaria aus der Deutschen Burschenschaft ausgetreten.

Hier wäre eine seriöse und angemessene Berichterstattung wünschenswert, die es schafft, Fakten von Polemiken zu trennen.