Burggrafenamt: Polizist verharmlost Holocaust

NS-Verharmlosung auf Facebook (Bildquelle: Facebook, rote Striche: Ergänzung d. Verf.)

Neuer rechtsextremer Fall bei den sogenannten „Sicherheitskräften“ in Südtirol: Ein Gemeindepolizist aus dem Burggrafenamt verbreitete in Sozialen Netzwerken Bildmaterial, das den Holocaust und die NS-Zeit verharmlost.

Erst Mitte Dezember war bekannt geworden, dass ein 46-jähriger Carabinieri-Beamter aus dem Grödental über Jahre hinweg bei einem schwedischen Internetversand rechtsextreme und neonazistische Musik-CDs gekauft hatte: Hakenkreuze auf den Covern, Naziverehrung in den Texten. Nun also das Burggrafenamt, wie wir Dank eines Hinweises aus der Bevölkerung erfahren haben.

Bekanntlich hat Deutschland seit Jahren mit den Folgen der kaputtgesparten, privatisierten Deutschen Bahn zu kämpfen: Zugausfälle, Verspätungen und marode Infrastruktur sorgen gerade im Winter für Unmut.

Es ist Sonntag, der 17. Dezember, kurz nach 18 Uhr, als der Burggräfler auf „Teilen“ drückt und ein Bild verschickt. Ein Kommentar zum Bahnchaos in der BRD soll es sein, ein Witz, wird er heute sagen, vielleicht „bled“, in jedem Fall „harmlos“.

Das Schwarz-Weiß-Bild zeigt einen Mann in Uniform: auf der Kappe der Reichsadler, am Kragen das Schwarze Kreuz der Wehrmacht, in der rechten Bildecke ein Totenkopf, der an jenen der SS erinnert.

Auf dem Bild ist Erwin Rommel, Generalfeldmarschall der Wehrmacht unter Adolf Hitler, berühmt für sein militärisches Geschick.

Um Rommel geht es aber nicht direkt, er steht beispielhaft für einen Vertreter Nazi-Deutschlands. Denn auf dem Bild steht:

„Unsere Zugführer streiken nie!!!“

Zugführer hat hier eine doppelte Bedeutung: Ein „Zug“ ist eine Teileinheit von Militär, Polizei oder Feuerwehr, der militärische Zugführer etwa führt zwölf bis 60 Soldaten an. Zudem ist ein Zugführer der für die Sicherheit eines Eisenbahn-Zuges verantwortliche Mitarbeiter.

Das Bild legt also einerseits nahe, dass die Wehrmachtssoldaten besonders pflichtbewusst gewesen seien. Das ist NS-Propaganda. Auch dort gab es Fahnenflucht, 400.000 Soldaten der Wehrmacht desertierten, bis zu 20.000 von ihnen wurden deswegen hingerichtet.

Andererseits spielt das Bild an die Deportations-Züge der Nazis an, mit denen Hunderttausende Jüdinnen und Juden von den Nazis in die Vernichtungslager transportiert wurden.

Es stimmt: Deutsche Züge rollten pausenlos nach Auschwitz, Treblinka, Majdanek, Sobibor und Belzec. Entsprechend wurde „[d]er Vieh- oder Eisenbahnwaggon […] eines der bekanntesten Symbole des Holocaust„, betont die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem.

Ja, das Bild ist ein Witz. Es ist aber auch eine beispiellose Verharmlosung des Völkermords an den europäischen Jüdinnen und Juden. Gleichzeitig wird die Botschaft vermittelt, dass es damals – unter den Nazis – besser gewesen sei als heute.

Auch das ist Nazi-Propaganda: Denn dass die Zugführer:innen unter dem NS-Regime nicht streikten lag nicht an den paradiesischen Verkehrszuständen, sondern an der blutigen Zerschlagung der Gewerkschaften und der Abschaffung des Streikrechtes. In der „deutschen Volksgemeinschaft“ durfte es keine Klassenkämpfe geben.

Der Mann, der das Bild an einem Sonntagabend über Facebook mit seinen 716 Kontakten teilte, ist als Polizist in der Gemeinde Schenna tätig.

Bereits in der Vergangenheit fiel er mit rassistischen Postings auf der Socia-Media-Plattform auf. So verbreitete er mehrfach Nachrichten, in denen geflüchtete Personen als Sozialbetrüger dargestellt werden. In anderen Beiträgen werden Politiker:innen als „Flaschen“ bezeichnet und Falschparker:innen Faustschläge ins Gesicht angedroht.

Auch wenn die Botschaften in der Form von Witzen daherkommen – sie geben Einblick in das Denken dieser Person. Und das ist mehr als bedenklich.

Die beiden nun öffentlich gewordenen Fälle im Grödental und Burggrafenamt sind nur die Spitze des Eisbergs. Rechtsextreme und rassistische Einstellungen sind in der Polizei weit verbreitet. Klar ist, dass es sich dabei nicht um „Einzelfälle“, sondern um ein strukturelles Problem handelt.

Mit gravierenden Konsequenzen, die sich etwa bei permanenter Überwachung migrantischer Communities (Racial Profiling) oder dem Wegsehen bzw. Vertuschen rechtsextremer Straftaten zeigen. So flogen die Nazi-Terroristen des NSU auch deshalb nicht auf, weil die Polizei den Opfern Verstrickungen mit der türkischen Mafia und dem Drogenhandel unterstellte.

Im äußersten Fall sind diese Personen innerhalb des Polizeiapparats das personelle Reservoir faschistoider Umsturzpläne, wie sie etwa in der BRD vom 2018 aufgedeckten Hannibal-Netzwerk verfolgt wurden.

Wie so oft will dann aber niemand etwas gewusst haben.