Sellner und der Christchurch-Massenmörder

51 Menschen starben bei dem Anschlag 2019. Foto: Twitter

Martin Sellner soll Südtirol besuchen, geplant ist ein Treffen in kleiner Runde. Man rede mit jedem, so der Landtagsabgeordnete Jürgen Wirth Anderlan (Liste JWA). Nur: Sellner ist ein international vernetzter Rechtsextremist. Er unterhielt beispielsweise Kontakte zum Rechtsterrorist Brenton Tarrant, der vor fünf Jahre 51 Menschen erschossen hat.

Am 15. März 2019 erschießt der Rechtsextremist Brenton Tarrant in Christchurch in Neuseeland 51 Menschen. Sie hatten sich gerade zum Gebet versammelt, wie jeden Freitag. Dutzende werden verletzt. Das jüngste Todesopfer, Mucad, war 3 Jahre alt.

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Gegen Vertreibungs-Fantasien und rassistische Realpolitik

Die geplante Einladung des Neonazis Martin Sellner nach Südtirol ist ein Schlag ins Gesicht all jener, die in den letzten Monaten für den Erhalt der Demokratie auf die Straße gegangen sind.

Sellner ist ein umtriebiger Rechtsextremist, der in seiner Jugend Hakenkreuz-Aufkleber an Synagogen anbrachte und später die Identitäre Bewegung Österreichs anführte, eine „rechtsextreme Jugendorganisation mit faschistischen Anklängen“, wie das Dokumentationszentrum DÖW festhält. Heute wirbt er offen für „Remigration“.

Hinter „Remigration“ verbirgt sich ein brutaler Vertreibungsplan: Millionen Menschen sollen aus ihrer Heimat verjagt werden, um die faschistische Fantasie eines „reinen Europas“ zu verwirklichen (mehr dazu hier).

Vielen Südtiroler:innen dürfte das bekannt vorkommen: Wir haben schon mehrfach erlebt, was es bedeutet, wenn Rechte, Nazis und Faschisten ihre Vertreibungs-Fantasien in die Tat umsetzen: Die Vertreibung der deutschsprachigen Bevölkerung aus Südtirol führte zur Option von 1939, die das Land zerrissen hat.

Die Offenheit von Jürgen Wirth Anderlan (Liste JWA) oder auch Melanie Mair (Süd-Tiroler Freiheit) – siehe hier und hier – für die „Remigrations“-Pläne von Sellner sind ein Alarmsignal. Es ist nichts anderes als eine Option 2.0, die sie herbeisehnen. Wieder sollen Menschen anhand ihrer Sprache, Hautfarbe oder Herkunft sortiert und zwangsweise und massenhaft vertrieben werden.

Offenbar geht ihnen die durch und durch rassistische Realpolitik der Parteien der „bürgerlichen Mitte“ nicht weit genug. Wir dürfen bei aller Empörung über rechte Wahnvorstellungen nicht die Politik der Abschottung und Ausgrenzung vergessen, die in der EU mittlerweile zum Alltag gehört. Rassismus ist keineswegs nur ein Problem von rechtsextremen Organisationen, sondern war schon immer auch in der Mitte der Gesellschaft verankert.

Angesichts der eskalierenden Klimakrise und der damit einhergehenden Migrationsbewegungen ist es endlich an der Zeit, sich der Verantwortung zu stellen: Sichere Fluchtrouten müssen organisiert und begleitet werden, um dem Sterben an den EU-Außengrenzen entgegenzuwirken.

Wer von einem Südtirol ohne sogenannte „Ausländer“ träumt, jagt einem Phantom hinterher, das es nie gegeben hat. Treten wir gemeinsam der rechtsextremen Blut-und-Boden-Ideologie entgegen, egal ob sie sich in gekämmten Seitenscheitel oder langem Vollbart präsentiert.

Ein Pakt mit dem Kapital

Oder: Wieso die neue Landesregierung einen Anfang vom Ende darstellt

Der Bruch ist vollzogen. Im Januar hat sich die Südtiroler Volkspartei (SVP) auf ein Rechts-Rechts-Rechts Bündnis eingelassen. Wider dem breitem gesellschaftlichen Widerstand, wider der Kritik aus dem Landtag, wider der düsteren Prognosen vieler wichtiger Stimmen im Lande. 

Es schockiert einerseits, überraschen tut es nicht. Wir leben im Zeitalter der Technokraten, der Entpolitisierung der Politik, der neoliberalen Aushöhlung des Sozialstaates. Es ist eine Politik im Sinne des Pragmatismus oder der Idee, dass es ideologie- und interessenfreie Wege gibt, Zukunft zu gestalten. Links, Rechts, Mitte, egal. Es geht nicht um soziale Werte, gesellschaftliche Visionen.

Es geht um Macht und Wirtschaftswachstum. Und die SVP arbeitet in diesem Sinne mit denen zusammen, die historisch und gegenwärtig für Menschenfeindlichkeit und Spaltung stehen.

Damit reiht sie sich ein in eine neoliberale Kultur, in der Phrasen nach Umverteilung, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit zu Worthülsen werden, die sich marktkonform füllen lassen. Eine Kultur, in der sowohl Naturressourcen, als auch Menschenleben zur Warenform werden.

Und die Allianz wird es schaffen, den Rechtsruck in Südtirol noch weiter voranzutreiben, die sozial Schwachen, Migrant:innen, Arbeitslose für die sozialen Krisen verantwortlich machen, an denen eigentlich der Kapitalismus und seine vielen Ausformungen wie der Massentourismus und die Umweltzerstörung Schuld sind. Sie wird dazu führen, dass noch mehr nach unten getreten wird, anstatt soziale Lösungen im miteinander zu suchen.

Die SVP sendet ein klares Signal: Werte zählen nicht, die politische Haltung ist egal und man arbeitet mit allen zusammen, solange dasselbe Ziel verfolgt wird, koste es was es wolle. Die Politik geht mit Beispiel voran: Es gilt das Prinzip des Überleben des Stärkeren: Wer auf der Strecke bleibt ist selbst schuld. Wer nicht schwimmen kann geht unter.

Und der Opportunist nutzt darin jede Chance, um sich auf den Schultern anderer über Wasser zu halten.

Geheimplan: Hans-Christian Limmer, Südtirol und der NSU

AfD-Politiker, Neonazis und Unternehmer kamen im November in einem Hotel bei Potsdam zusammen. Sie planten die Vertreibung von Millionen von Menschen aus Deutschland. Einer der Organisatoren: Hans-Christian Limmer. 2007 fand in seinem Haus in Südtirol ein rechtsextremes Treffen statt. Mit dabei: Ralf Wohlleben, NSU-Unterstützer.

Update am 17.1.2024

Schildhof Baumkirch in St. Martin: Ort des Neonazi-Treffens 2007. Quelle: Wikipedia

Regelmäßige rechtsextreme Vernetzungstreffen

September 2007: Die Junge Landsmannschaft Ostdeutschland (JLO) lädt zur „Andreas-Hofer-Wander- und Vortragswoche“ ins Passeiertal.

Geplant sind Wanderungen zu Stellungen aus dem 1. Weltkrieg, Vorträge und Vernetzung. Geladen sind bekannte Referenten aus der rechtsextremen Szene wie Otto Scrinzi und Richard Melisch.

Es ist das fünfte Treffen dieser jährlichen Veranstaltungsreihe. Im Vorjahr fand es in See am Feld in Kärnten statt, auch im nächsten Jahr wurde wieder an den Schildhof ins Passeiertal eingeladen.

Drei Jahre später lädt die JLO an den Packer Stausee bei Graz. Der Standard spricht von einer „elitären Schulungsveranstaltung“. Über Orte und Inhalte der anderen Treffen ist wenig bekannt.

Wer ist die Junge Landsmannschaft?

Wer im Netz nach der JLO sucht, findet nur ältere Artikel, der Internetauftritt ist stillgelegt.

Das war damals, 2007, noch anders: Die JLO war zu dem Zeitpunkt eine in der BRD einflussreiche rechtsextreme Organisation, die jahrelang Europas größte Nazi-Demo organisierte – den Dresdner Trauermmarsch mit über 6.000 Teilnehmer:innen.

Die Gruppe verstand sich als „Nachwuchsorganisation der Vertriebenen„. Bekanntlich wurden zum Ende des Zweiten Weltkriegs rund zwei Millionen Menschen aus der ehemaligen Provinz Ostpreußen vertrieben – für Rechtsextreme seitdem ein willkommenes Agitationsfeld zwischen großdeutscher Nostalgie und Opferkult.

Webseite der JLO 2011. Quelle: Internet Archive

Die Gastgeber: Familie Limmer

Der Ort des einwöchigen Treffens – der Bauernhof „Schildhof Baumkirch“, Baumkirchweg 1 in St. Martin, unweit des Luxusresorts Quellenhof – ist kein zufälliger: Das historische Gebäude aus dem 14. Jahrhundert gehört der wohlhabenden Familie Limmer aus Meerbusch in Nordrhein-Westfahlen.

Gisela und Ludwig Limmer, 2005 Quelle: Kerstin Köditz

Gisela Limmer mit Altnazi Herrmann 2008. Quelle: Gamma 186, 2010

Ludwig Limmer (gest. 2006) war Architekt, Gisela Limmer von Massow Schauspielerin. Beide waren bzw. sind in der rechtsextremen Szene gut vernetzt.

2005 werden bei ihm bei einer Hausdurchsuchung holocaustleugnende Unterlagen gefunden, sie wiederum plfegt gute Kontakte u. a. zur JLO. Fotos zeigen sie im August 2008 mit Altnazi Hajo Herrmann, einem ehemaligen Vertrauten von Herrmann Göring.

Das Haus in Südtirol soll laut Staatspolizei Gisela Limmer und ihren beiden Söhnen, Martin und Hans-Christian gehören (was Limmer heute dementiert).

Die Brüder sind in der deutschen rechtsextremen Szene als „treue Kameraden“ bekannt, so die Staatspolizei damals. Ihre Autos wurden laut Staatspolizei beim Treffen am Schildhof gesichtet.

Bericht der Staatspolizei 2007. Quelle: Kerstin Köditz

Mit am Tisch: Rechtsextreme Terroristen

Brisant ist das Treffen jedoch auch aufgrund der Teilnehmer: Laut Informationen der Staatspolizei saßen im Schildhof neben Altnazis und NPD-Funktionären auch Südtiroler Neonazis mit am Tisch.

Mit dabei waren Vertreter des Südtiroler Kameradschaftsringes (SKR) und der Meraner Sektion der Gruppe Skinheads Tirol, die zum Neonazi-Netzwerk Blood & Honour zählten.

Auch mit dabei: Ralf Wohlleben, NPD. Jahrelang hatte er die rechtsextreme Terrorgruppe NSU unterstützt und die Mordwaffe – eine tschechische Ceska-Pistole – besorgt. Zu dem Zeitpunkt, als Wohlleben im Schildhof saß, hatte der NSU damit zehn Menschen getötet.

Ralf Wohlleben 2003. Quelle: Wikipedia

Mehrfach nahm Wohlleben an Treffen der Skinheads Tirol teil. Später wird bekannt, dass die Gruppe im Jahr 2008 in die Planung von Terroranschläge auf migrantische Läden in Südtirol involviert war.

Drohte ein NSU Südtirol? Die Verhaftungswelle im selben Jahr durchkreuzte die Pläne. Und Wohlleben? Der übergibt zwei Verhafteten im März 2009 rund 20.000 Euro, vermutlich für die Prozesskosten.

17 Jahre später: Geheimplan gegen Deutschland

Die Strafen für die Südtiroler Neonazis fallen milde aus, alle werden auf Bewährung ausgesetzt.

Wohlleben wird 2011 verhaftet und 2018 als NSU-Unterstützer wegen Beihilfe zum Mord (in neun Fällen) zu zehn Jahren Haft verurteilt.

Im Januar 2024 wird bekannt, dass Hans-Christian Limmer ein rechtsextremes Geheimtreffen mitorganisiert hat, bei dem Pläne zur Massendeportation von Menschen aus der BRD besprochen wurden. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.

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Schützenbund-Referent als Festredner beim Burschenschafter-Treffen

Demanega (links) hält die Festrede beim Burschenschafter-Treffen (Bildquelle: BB 3/2023)

Ein Mitglied der Bundesleitung des Südtiroler Schützenbundes hielt die Festrede beim rechtsextremen Burschenschafter-Treffen in Marling. Der Schützenbund hatte im Vorfeld jede Zusammenarbeit bestritten. Die Teilnahme wurde bekannt, da den Burschenschaftern ein peinlicher Fehler unterlief.

Die Festrede bei der Verbandstagung der Deutschen Burschenschaft im September 2023 hielt Michael Demanega, Referent für Medien- und Öffentlichkeitsarbeit des Südtiroler Schützenbundes.

Damit ist er auch Mitglied der Bundesleitung der Schützen.

Demanega ist auch Mitglied der Bundesleitung der Schützen (Bildquelle: SSB)

Seine Teilnahme blieb geheim – bis er mit Foto und Namen in den „Burschenschaftlichen Blättern“ (3/2023) auftauchte.

Beim Artikel zur Veranstaltung saßen die Copy-Paste-Finger wohl zu locker: Abgedruckt wurden nicht nur eine fehlerhafte Bildunterschrift, sondern auch der korrigierende Kommentar dazu.

Dort steht: Auf dem Foto ist Demanega abgebildet, dieser „bittet aber, seinen Namen nicht zu nennen“.

In der Bildunterschrift wird Demanega namentlich erwähnt (Bildquelle: BB 3/2023).

Seine Festrede war von großdeutschem Nationalismus geprägt: „In dieser markanten Bergkulisse sollte unser deutsches Volk .. seinen südlichsten Ausleger finden“, schwadronierte er vor rund 70 Teilnehmer des Treffens.

Und: Die Südtiroler:innen würden sich „durch vollkommene Anbiederung an den Mainstream“ selbst „hängen“, es brauche mehr „Volkstumskampf“.

Bekanntlich war die Verbandstagung der von Rechtsextremen dominierten Deutschen Burschenschaft in Marling dank der Proteste aus der Bevölkerung ein Fiasko. Ein weiteres Schützenmitglied – Melanie Mair – nahm als Gast an der Veranstaltung teil.

Demanega ist Mitglied der Burschenschaft Teutonia Wien: Die Rechtsextremismus-Expert:innen des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes ordnen die Burschenschaft dem rechtsextremen Spektrum zu und stellt eine Nähe zum Neonazismus fest, da sie von Revisionismus, Nazi-Apologie, Antisemitismus und Rassismus geprägt ist.

Im Juni 2023 organisierte Demanega das „Teutonentreffen“ seiner Burschenschaft in Salurn. Nach Besuchen der „Dürer-Schenke“ und der Haderburg fand der Festabend im Restaurant der Lederhosenschneiderei „Amalia Pernter“ statt.

Demanega war Vorsitzender der Freiheitlichen und trat zwei Mal erfolglos zu Landtagswahlen an.

Burggrafenamt: Polizist verharmlost Holocaust

NS-Verharmlosung auf Facebook (Bildquelle: Facebook, rote Striche: Ergänzung d. Verf.)

Neuer rechtsextremer Fall bei den sogenannten „Sicherheitskräften“ in Südtirol: Ein Gemeindepolizist aus dem Burggrafenamt verbreitete in Sozialen Netzwerken Bildmaterial, das den Holocaust und die NS-Zeit verharmlost.

Erst Mitte Dezember war bekannt geworden, dass ein 46-jähriger Carabinieri-Beamter aus dem Grödental über Jahre hinweg bei einem schwedischen Internetversand rechtsextreme und neonazistische Musik-CDs gekauft hatte: Hakenkreuze auf den Covern, Naziverehrung in den Texten. Nun also das Burggrafenamt, wie wir Dank eines Hinweises aus der Bevölkerung erfahren haben.

Bekanntlich hat Deutschland seit Jahren mit den Folgen der kaputtgesparten, privatisierten Deutschen Bahn zu kämpfen: Zugausfälle, Verspätungen und marode Infrastruktur sorgen gerade im Winter für Unmut.

Es ist Sonntag, der 17. Dezember, kurz nach 18 Uhr, als der Burggräfler auf „Teilen“ drückt und ein Bild verschickt. Ein Kommentar zum Bahnchaos in der BRD soll es sein, ein Witz, wird er heute sagen, vielleicht „bled“, in jedem Fall „harmlos“.

Das Schwarz-Weiß-Bild zeigt einen Mann in Uniform: auf der Kappe der Reichsadler, am Kragen das Schwarze Kreuz der Wehrmacht, in der rechten Bildecke ein Totenkopf, der an jenen der SS erinnert.

Auf dem Bild ist Erwin Rommel, Generalfeldmarschall der Wehrmacht unter Adolf Hitler, berühmt für sein militärisches Geschick.

Um Rommel geht es aber nicht direkt, er steht beispielhaft für einen Vertreter Nazi-Deutschlands. Denn auf dem Bild steht:

„Unsere Zugführer streiken nie!!!“

Zugführer hat hier eine doppelte Bedeutung: Ein „Zug“ ist eine Teileinheit von Militär, Polizei oder Feuerwehr, der militärische Zugführer etwa führt zwölf bis 60 Soldaten an. Zudem ist ein Zugführer der für die Sicherheit eines Eisenbahn-Zuges verantwortliche Mitarbeiter.

Das Bild legt also einerseits nahe, dass die Wehrmachtssoldaten besonders pflichtbewusst gewesen seien. Das ist NS-Propaganda. Auch dort gab es Fahnenflucht, 400.000 Soldaten der Wehrmacht desertierten, bis zu 20.000 von ihnen wurden deswegen hingerichtet.

Andererseits spielt das Bild an die Deportations-Züge der Nazis an, mit denen Hunderttausende Jüdinnen und Juden von den Nazis in die Vernichtungslager transportiert wurden.

Es stimmt: Deutsche Züge rollten pausenlos nach Auschwitz, Treblinka, Majdanek, Sobibor und Belzec. Entsprechend wurde „[d]er Vieh- oder Eisenbahnwaggon […] eines der bekanntesten Symbole des Holocaust„, betont die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem.

Ja, das Bild ist ein Witz. Es ist aber auch eine beispiellose Verharmlosung des Völkermords an den europäischen Jüdinnen und Juden. Gleichzeitig wird die Botschaft vermittelt, dass es damals – unter den Nazis – besser gewesen sei als heute.

Auch das ist Nazi-Propaganda: Denn dass die Zugführer:innen unter dem NS-Regime nicht streikten lag nicht an den paradiesischen Verkehrszuständen, sondern an der blutigen Zerschlagung der Gewerkschaften und der Abschaffung des Streikrechtes. In der „deutschen Volksgemeinschaft“ durfte es keine Klassenkämpfe geben.

Der Mann, der das Bild an einem Sonntagabend über Facebook mit seinen 716 Kontakten teilte, ist als Polizist in der Gemeinde Schenna tätig.

Bereits in der Vergangenheit fiel er mit rassistischen Postings auf der Socia-Media-Plattform auf. So verbreitete er mehrfach Nachrichten, in denen geflüchtete Personen als Sozialbetrüger dargestellt werden. In anderen Beiträgen werden Politiker:innen als „Flaschen“ bezeichnet und Falschparker:innen Faustschläge ins Gesicht angedroht.

Auch wenn die Botschaften in der Form von Witzen daherkommen – sie geben Einblick in das Denken dieser Person. Und das ist mehr als bedenklich.

Die beiden nun öffentlich gewordenen Fälle im Grödental und Burggrafenamt sind nur die Spitze des Eisbergs. Rechtsextreme und rassistische Einstellungen sind in der Polizei weit verbreitet. Klar ist, dass es sich dabei nicht um „Einzelfälle“, sondern um ein strukturelles Problem handelt.

Mit gravierenden Konsequenzen, die sich etwa bei permanenter Überwachung migrantischer Communities (Racial Profiling) oder dem Wegsehen bzw. Vertuschen rechtsextremer Straftaten zeigen. So flogen die Nazi-Terroristen des NSU auch deshalb nicht auf, weil die Polizei den Opfern Verstrickungen mit der türkischen Mafia und dem Drogenhandel unterstellte.

Im äußersten Fall sind diese Personen innerhalb des Polizeiapparats das personelle Reservoir faschistoider Umsturzpläne, wie sie etwa in der BRD vom 2018 aufgedeckten Hannibal-Netzwerk verfolgt wurden.

Wie so oft will dann aber niemand etwas gewusst haben.

Midgard-Leak: Was Südtiroler:innen im schwedischen Neonazi-Shop kauften

Auch drei Personen aus Südtirol haben bei dem rechtsextremen Versandshop „Midgard“ bestellt – das geht aus den kürzlich veröffentlichten Kund:innendaten hervor. Unter ihnen ist mutmaßlich auch ein Carabinieri-Beamter.

Vor Kurzem wurde der rechtsextreme Internetversand „Midgard“, der von Schweden aus operiert, gehackt. Nun wurden 20.000 Bestelldaten von 2017 bis 2022 auf der Internetseite midgard.antifa.se veröffentlicht, wie die Antifa Stockholm berichete.

Auch drei Personen aus Südtirol finden sich mit Adresse, E-Mail-Adresse und Telefonnummer in der Liste – inklusive Details zu den Bestellungen. Sie konnten durch die Ortsangaben (Ortisei, Valles, Moos in Passeier) rasch ausfindig gemacht werden.

91 Artikel aus dem Neonazi-Shop gingen nach Urtijëi/St. Ulrich (Bildquelle: Discogs)

Am häufigsten kaufte ein Grödner aus Urtijëi/St. Ulrich beim rechtsextremen Internetversand ein. Ganze 91 CDs ließ er sich zwischen 2018 und 2022 in 15 Bestellungen liefern. Vermutlich sind es noch mehr, da von 2023 keine Daten vorliegen. Bei CD-Preisen um die 15 Euro kommen so schnell 1.400 Euro zusammen.

Das Brisante daran: Es soll sich dabei um einen in Gröden stationierten Carabinieri-Beamten handeln. Sein Name tauchte bereits 2015 auf einer geleakten Kund:innenliste des neonazistischen OPOS-Versands auf. Er wird als schweigsam und unauffällig beschrieben.

Seine Profilbilder auf Instagram und Telegram zeigen das Gemälde „Tors strid med jättarna“ (deutsch: Thor kämpft mit den Riesen) des Malers Mårten Eskil Winge von 1872. Die Darstellung ist bei nordisch-germanisch orientierten Rechtsextremen beliebt, da der germanische Gott Thor ein Sonnenrad bzw. Hakenkreuz am Gürtel trägt.

Das Instagram-Profil des Grödners: Thor mit Hakenkreuz (Bildquelle: Instagram/Wikipedia)

Die Bands, deren Musik er kaufte, sind allesamt der rechtsextremen Szene zuzuordnen, darunter Rechtsrock, National Socialist Hardcore (NSHC) und National Socialist Black Metal (NSBM). Hier nur einige Beispiele: Seine erste Bestellung im April 2018 enthielt zwei Alben der Schweizer Neonazi-Band „Erschiessungskommando“, von denen eines für Schlagzeilen gesorgt hatte, da in einem Lied zum Mord gegen eine Politikerin und ihre Familie aufgerufen wird.

Im April 2022 erwarb er wiederum zwei CDs von „Skrewdriver“, der wohl bekanntesten europäischen Neonazi-Band. Darauf findet sich das Lied „Stolz“, in dem es heißt:

„Der Stolz deiner Nation, der Stolz deiner Rasse / Verlier es nicht, sonst bist du verloren.“

Im Juni desselben Jahres bestellte der Mann zwei Alben der anonymen Band „Zillertaler Türkenjäger“, die in Deutschland wegen Volksverhetzung verboten wurden. Auf dem Cover ist eine Fotomontage zu sehen, die VIVA-Moderator Mola Adebisi, Farin Urlaub (Die Ärzte) und Campino (Toten Hosen) an einem Galgen zeigt. Das Verbot erfolgte auch wegen Lieder wie „Das Reich“, in dem ganz offen die NS-Zeit verherrlicht wird:

„Eine große Zeit fürwahr / Die SS und die SA / Es war alles wunderbar.“

Aber auch auf den ersten Blick sichtbare NS-Bezüge schreckten ihn nicht ab: Auf dem Cover des Albums „Vom Blute rein“ der deutschen Hardrock-Band „Stahlhelm“ sind SS-Soldaten zu sehen, auf „Unter blutrotem Banner“ von „Projekt 8.8“ wehende Hakenkreuz-Fahnen (siehe oben).

Urtijëi/St. Ulrich, 2023: Rechtsextremismus, Mythologie, Verschwörung (Bildquelle: Facebook)

Der Midgard-Kunde ist in Urtijëi/St. Ulrich mit seinen Ansichten nicht allein, wie das obige Foto zeigt. In den letzten Jahren hat sich dort eine Gruppe etabliert, die sich ideologisch zwischen Rechtsextremismus, nordischer Mythologie und rechten Verschwörungstheorien (Stichwort: Vril-Gesellschaft) bewegt. Die Mitglieder sind um die 30 Jahre alt und bezeichnen sich als „Berserker“, d. h. nordische Krieger, und waren in der Vergangenheit laut Aussagen einer im Dorf wohnhaften Person in gewalttätige Übergriffe involviert.

Die Gruppe ist stark maskulinistisch und rassistisch geprägt und war an Trinkgelagen, dem Besuch rechter Konzerte sowie der Abhaltung von winterlichen Sonnwendfeiern beteiligt. Zur örtlichen Schützenkompanie bestehen gute Kontakte, ein führendes Schützen-Mitglied ist bekannt für seine Faszination für die nordische Mythologie und hat seinem Kind den Namen einer germanischen Gottheit gegeben.

Musik von Stahlgewitter, Landser und Co. ging ins Passeiertal (Bildquelle: Discogs)

Zweiter Schauplatz – Moos in Passeier. Die Rechtsrock-Szenegröße „Stahlgewitter“ hat auch dort Fans. Zwei CDs der Band wurden im April 2022 bei dem schwedischen Internetversand bestellt, eines davon heißt „Auftrag Deutsches Reich“. Das gleichnamige Lied beginnt mit sechs „Heil“-Rufen und gipfelt in der Zeile „Heil dir, Germania“.

Die Passeirerin kaufte zudem zwei Compilations, also Alben mit Musikstücken verschiedener rechtsextremer Bands. Darauf sind Lieder wie „Stolzer Germane“ (Fylgien), „White Power“ (HKL/Nothung) und „Arisches Kind“ (Landser), in dem es heißt:

„Nicht alle Menschen die sind gut / Gut ist immer nur / ein Mensch mit reinem Blut.“

Die Band war eine der bekanntesten Neonazi-Bands in Deutschland, ihre Mitglieder wurden 2003 wegen Bildung einer kriminiellen Vereinigung verurteilt. Vielleicht waren die rechtsextremen CDs aber auch für ihren Partner bestimmt, der sich seine Gesinnung tätowieren ließ: Seine rechte Schulter wird von Hakenkreuz und Schwarzer Sonne geschmückt.

Eine Person aus Vals in der Gemeinde Mühlbach wiederum bestellte im September 2018 in Schweden neben „Blood & Honour“-Material ein Buch über den US-amerikanischen Neonazi Richard Scutari, Gründungsmitglied in der rechtsextremen Terrorgruppe „The Order“, die 1984 einen jüdischen Moderator ermordete.

Die jetzt veröffentlichten Bestelldaten sind nur die Spitze des Eisbergs: Es gibt dutzende Internetshops, die sich auf rechtsextreme Musik, Merchandise und Kleidung spezialisiert haben. Oft – wie auch im Fall von „Midgard“ – kommen die Betreiber selbst aus der Neonazi-Szene. Die Bestellungen geben Einblick in ein Marktsegment, in dem Millionen umgesetzt werden. Gleichzeitig ist Musik oft die „Einstiegsdroge“ in die Szene und hilft dabei, neue Mitglieder zu rekrutieren.

Verbote helfen da oft wenig – Antifaschismus bleibt Handarbeit, und das heißt „denen nachhaltig auf die Nerven zu gehen, die versuchen, sich als Konservative zu verkleiden, aber in Wirklichkeit für Rassismus, Nationalismus und völkisches Denken stehen“, wie es Margarete Stokowski einmal formuliert hat.

Deutsche Burschenschaft: Schiffbruch im sonnigen Süden

Es sollte ein zweitägiges Fest im Zeichen von Nation und Vaterland werden, eine Vernetzungsfeier im „deutschen Süden“, eine unbeschwerte Fahrt zu stramm rechten, echten deutschen Freunden. Manchmal läuft nicht alles nach Plan. Und manchmal läuft alles aus dem Ruder: Die Deutsche Burschenschaft hat ein Debakel erlitten wie schon lange nicht mehr.

Die Verbandstagung: zusammengekürzt, chaotisch, spärlich besucht. Nur rund einhundert Teilnehmer:innen zog es nach Südtirol. Und dann wurde auch noch öffentlich bekannt, dass sich die Deutschnationalen als „deutsch-italienischer Kulturverein“ ausgeben mussten, um überhaupt an einen Raum zu kommen. 

Zum Ablauf der Verbandstagung verweisen wir auf den Bericht der Antifa Freiburg.

Schon der Donnerstag hatte für die Deutsche Burschenschaft miserabel begonnen: Wieder eine Polizei-Razzia bei einer Mitgliedsverbindung, diesmal bei der Burschenschaft „Teutonia Prag“ aus Würzburg (Bayern). Der Verdacht: Volksverhetzung und das Verwenden von Symbolen verfassungswidriger Organisationen. Wieder einer dieser „Einzelfälle“, Symptome desselben faschistoiden Geschwürs, das einen Großteil des Verbandes durchzieht.

Für das stark verkürzte Programm für Freitag und Samstag wollte sich in Südtirol zunächst auch niemand so recht hergeben. Mehrere Gaststätten im Meraner Raum hatten entsprechende Anfragen bekommen – und abgelehnt: „Wir wollen mit derartigen Gruppen nichts zu tun haben und distanzieren uns.“

Mehr Glück hatte der von rechtsextremen dominierte Verband beim „Sandwirt“ im Passeiertal, dem Geburtshaus von Andreas Hofer, einem beliebten Treffpunkt rechtskonservativer Gruppen. Dort konnten sich die Burschen am Freitag fröhlich versammeln, obwohl die Betreiber Bescheid wussten, dass sie sich unter anderem Neonazis in die Stube holen. Auf Nachfrage galt: „Geschlossene Gesellschaft“. Beim Marlinger Vereinshaus mussten sich die Deutschnationalen dann schon bis zur Lächerlichkeit verbiegen, um an den Raum zu kommen: Gebucht wurde dieser für die Gründungsfeier eines „deutsch-italienischen Kulturvereins“, so eine Verantwortliche des Hauses.

Geschützt wurden die deutschen Männerbündler in Marling von einer Vielzahl Zivilbeamter, die sowohl im Auto als auch zu Fuß um das Gebäude schwirrten und auch Passant*innen kontrollierten. Am Kirchplatz standen mehrere Einsatzfahrzeuge der Carabinieri. Es war ein Aufgebot, als gäbe es eine Bombendrohung.

Rechtsextreme? Nicht willkommen!

Im Vorfeld des Treffens drückten unterschiedliche Gruppen in Süd- und Nordtirol mit Protestaktionen ihre Ablehnung aus. In Lana und Innsbruck kam es zu Banneraktionen der Fans des FC Obermais und des FC Wacker Innsbruck, in Marling, Algund und Meran fanden Banner-Drops und Plakataktionen statt, in Meran gab es am Samstagnachmittag einen Infostand.

Die Großdeutschland-Versteher

Der große nationale Schulterschluss mit der deutschsprachigen Rechten in Südtirol bei der Tirol-Feier am Samstag war ausgeblieben. Mit dabei waren jene Politiker:innen, die sich bereits im Vorfeld für die Burschenschafter stark gemacht hatten. Um nur einige zu nennen:

  • Otto Mahlknecht ist Freiheitlicher Landtagskandidat, Mitglied der Verbindung „Laurins Tafelrunde“ und Anwalt der Deutsche Burschenschaft. Vor wenigen Jahren hatte er sich noch gegen die Sanierung „faschistischer Relikte“ in Bozen stark gemacht und der Stadtführung „nationalistisches Denken“ vorgeworfen, gestern feierte er mit deutschen Rechtsextremen und Nationalisten in Marling.
  • Melanie Mair, Landesjugendsprecherin der Süd-Tiroler Freiheit und Mitglide bei der Schützenkompanie Tscherms, hat gute Verbindungen zu den beiden rechtsextremen Burschenschaften Brixia und Suevia aus Innsbruck. Die Brixia hatte 1989 den Holocaust-Leugner David Irving nach Innsbruck geladen. In einem Leserbrief gibt Mair an, „viel Zeit mit Burschenschafter“ verbracht zu haben und von deren „Kameradschaft“ beeindruckt gewesen zu sein. Na dann.
  • Gudrun Kofler, Mitglied der Süd-Tiroler Freiheit, hat als FPÖ-Landtagsabgeordnete in Tirol von Haus aus wenig Berührungsängste mit Burschenschaften. Die FPÖ gilt ja als eine von Burschenschaftern unterwanderte Partei, 2019 etwa waren 40 % der FPÖ-Nationalratsabgeordneten Mitglied einer deutschnationalen oder völkischen Verbindung.

Und man vertraut auch nicht auf Politik und Polizeiapparat…

Nach der klaren Positionierung der Gemeinde Algund und ähnlichen Aussagen vonseiten SVP-Leitung wäre davon auszugehen gewesen, dass der Deutschen Burschenschaft keine öffentlichen Räume in Südtirol zur Verfügung gestellt werden.

Letztlich konnten rechtsextreme Burschenschafter im Marlinger Vereinshaus feiern. Und auch wenn die Verantwortlichen in Marling beklagen, „getäuscht“ worden zu sein: Hier wurde von der Gemeinde und SVP-Bürgermeister Felix Lanpacher bewusst weggesehen, da allen klar sein musste, dass die Burschenschafter für diesen Tag ein Ersatzlokal suchen.

Es hat sich gezeigt, dass auf die Politik und die SVP kein Verlass ist, wenn es um Neonazismus und Rechtsextremismus geht. Sie haben diesen für wenig Geld eine öffentliche Bühne geboten – während die Anti-Terror-Polizei Digos daran mitgewirkt hat, dass eine Veranstaltung gegen Rechtsextremismus in Meran abgesagt werden musste.

Antifaschismus wirkt!

Festgehalten werden kann, dass die Deutschnationalen und Rechtsextremen bei ihrem Versuch, für ihre Sache im „deutschen Süden“ zu werben, eindeutig Schiffbruch erlitten haben. Gleichzeitig hat die Auseinandersetzung gezeigt, wie wichtig antifaschistisches Engagement, Bündnisarbeit und Vernetzung sind. Und dass es jede:n Einzelne:n braucht, um solche Kämpfe auch in Zukunft führen zu können. Denn nur gemeinsam ist es uns gelungen, die nationalistische Jubelfeier zum Desaster zu machen: Naziburschen – auf Nimmerwiedersehen!

Fotos: versch. anonyme Zusendungen

Eilmeldung: Burschenschafter treffen sich im Vereinshaus von Marling

Burschenschafter trafen sich gestern im Sandwirt im Passeier (Foto: anonym)

Die Tirol-Feier der überwiegend rechtsextremen Deutschen Burschenschaft wird heute ab 20 Uhr in Marling stattfinden  – in den Räumlichkeiten der Gemeinde, dem Vereinshaus im Dorfzentrum. Dies geht aus internen Quellen des Verbandes hervor.

Vonseiten des Marlinger Vereinshauses hieß es, sie seien von der Deutschen Burschenschaft getäuscht worden. Angemeldet wurde eine „kulturelle Veranstaltung“. Diese Angabe konnte noch nicht überprüft werden. In jedem Fall wurden die Marlinger:innen hinters Licht geführt: Die Bevölkerung hat ein Recht darauf zu erfahren, wenn hunderte Nationalisten und Neonazis mitten im Dorf feiern.

Dass das rechtsextreme Verbandstreffen nach der Debatte im Sommer in den Räumen einer anderen Gemeinde stattfindet, ist in jedem Fall mehr als skandalös. Hier hätten Hintergrundinformationen eingeholt werden müssen, die Gemeindeleitung unter SVP-Bürgermeister Felix Lanpacher hat völlig versagt.

Dass Neonazis und Nationalisten aus Deutschland und Österreich in öffentlichen Räumen ihre menschenverachtende Gesinnung zur Schau stellen können, darf nicht folgenlos hingenommen werden. Rechtsextremismus hat in unserer Gesellschaft keinen Platz.

Erst der Donnerstag fand bei einem Mitgliedsverband der Deutschen Burschenschaft, der Burschenschaft „Teutonia Prag“ aus Würzburg (Bayern), eine Polizei-Razzia stattgefunden. Der Verdacht: Volksverhetzung und das Verwenden von Symbolen verfassungswidriger Organisationen.

Rund 30 Burschenschafter aus Deutschland trafen sich dann gestern Abend in den Räumen des „Sandwirts“ in St. Leonhart im Passeiertal, darunter auch szenebekannte Rechtsextreme.

Die Betreiberin des „Sandwirts“ hielt an der Veranstaltung fest, obwohl sie im Vorfeld über die Hintergründe des Verbandes informiert worden war. Zahlreiche andere Gaststätten in Südtirol hatten mehr Rückgrat gezeigt – und die Burschenschafter abgewiesen. Ein Lokal in Marling lud sie wieder aus, nachdem sich die Burschenschafter unter falschem Namen angemeldet hatten.

Burschenschafter-Treffen: Protestaktionen, Absagen und miese Stimmung

Foto: fanszene.obermais (Instagram)

Im Meraner Raum kam es zu Protestaktionen gegen das versteckte Treffen der überwiegend rechtsextremen Deutschen Burschenschaft in Südtirol. Auch mehrere Gaststätten haben entsprechende Anfragen der Rechtsextremen abgelehnt: Sie wollen „mit derartigen Gruppen nichts zu tun haben“. Die Stimmung unter den Burschenschafter ist schlecht.

Fans des FC Obermais haben mit einer Banner-Aktion ihren Unmut über das Treffen ausgedrückt. Bei dem Spiel gegen den SV Lana entrollten rund ein Dutzend Fans des Oberliga-Vereins aus der Passerstadt ein Banner mit der Aufschrift „BURSCHENSCHAFTER NOT WELCOME“.

In sozialen Medien schreibt die Fangruppe Curva Sud Obermais zu der Aktion: „In Zeiten globaler Krisen, niedriger Löhne und Armut erfahren populistische und rechtsextreme Parteien erfahrungsgemäß einen großen Aufschwung. Im Oktober stehen in Südtirol die Landtagswahlen an: Die gewohnten Feindbilder werden hervorgeholt. Für ein paar Stimmen wird quer durch die Parteilandschaft fleißig nach unten getreten.“

„Die Geschichte zeigt, wie verheerend rechte Ideologien sein können, deswegen ist es gerade jetzt umso wichtiger klar Stellung zu beziehen und gemeinsam gegen Menschenfeindlichkeit und rechte Hetze zu stehen“, so die Curva Sud.

Foto: anonym

In der Nacht auf heute (Freitag) haben Antifaschist:innen im Meraner Raum an verschiedenen Orten Plakate mit der Aufschrift „Burschenschaften nicht willkommen – Südtirol gegen Rechtsextremismus“ angebracht, um auf das Treffen hinzuweisen und die ablehnende Haltung der Bevölkerung zu unterstreichen.

Wie heute bekannt wurde, hatten mehrere Gaststätten im Meraner Raum entsprechende Anfragen bekommen – und abgelehnt. Auch ein Lokal in Marling hatte einer Reservierungsanfrage zunächst zugesagt, da die Rechtsextremen mit falschem Namen aufgetreten waren. Nachdem die Betreiber:innen auf die Hintergründe aufmerksam wurden, luden sie die Burschenschafter wieder aus: „Wir wollen mit derartigen Gruppen nichts zu tun haben und distanzieren uns“, hieß es auf Nachfrage.

Der von Rechtsextremen dominierte Verband „Deutsche Burschenschaft“ wollte sein Verbandstreffen ursprünglich im Thalguterhaus in Algund abhalten. Nach Protesten aus der Bevölkerung lud die Gemeinde die die Burschenschafter wieder aus. Wie aus internen Schreiben hervorgeht, kann die Deutsche Burschenschaft ihre Verbandstagung nur noch mit Rumpfprogramm durchführen. Der inhaltliche Teil musste gestrichen werden, es geht nur mehr den gemeinsamen Bierkonsum am Samstag, den 16.09. in einer noch geheimen Lokalität im Raum Meran. Auch deshalb ist die Stimmung im Verband miserabel, da viele Burschenschafter dafür nicht die lange Anreise aus Deutschland und Österreich auf sich nehmen wollen.