Geheimplan: Hans-Christian Limmer, Südtirol und der NSU

AfD-Politiker, Neonazis und Unternehmer kamen im November in einem Hotel bei Potsdam zusammen. Sie planten die Vertreibung von Millionen von Menschen aus Deutschland. Einer der Organisatoren: Hans-Christian Limmer. 2007 fand in seinem Haus in Südtirol ein rechtsextremes Treffen statt. Mit dabei: Ralf Wohlleben, NSU-Unterstützer.

Update am 17.1.2024

Schildhof Baumkirch in St. Martin: Ort des Neonazi-Treffens 2007. Quelle: Wikipedia

Regelmäßige rechtsextreme Vernetzungstreffen

September 2007: Die Junge Landsmannschaft Ostdeutschland (JLO) lädt zur „Andreas-Hofer-Wander- und Vortragswoche“ ins Passeiertal.

Geplant sind Wanderungen zu Stellungen aus dem 1. Weltkrieg, Vorträge und Vernetzung. Geladen sind bekannte Referenten aus der rechtsextremen Szene wie Otto Scrinzi und Richard Melisch.

Es ist das fünfte Treffen dieser jährlichen Veranstaltungsreihe. Im Vorjahr fand es in See am Feld in Kärnten statt, auch im nächsten Jahr wurde wieder an den Schildhof ins Passeiertal eingeladen.

Drei Jahre später lädt die JLO an den Packer Stausee bei Graz. Der Standard spricht von einer „elitären Schulungsveranstaltung“. Über Orte und Inhalte der anderen Treffen ist wenig bekannt.

Wer ist die Junge Landsmannschaft?

Wer im Netz nach der JLO sucht, findet nur ältere Artikel, der Internetauftritt ist stillgelegt.

Das war damals, 2007, noch anders: Die JLO war zu dem Zeitpunkt eine in der BRD einflussreiche rechtsextreme Organisation, die jahrelang Europas größte Nazi-Demo organisierte – den Dresdner Trauermmarsch mit über 6.000 Teilnehmer:innen.

Die Gruppe verstand sich als „Nachwuchsorganisation der Vertriebenen„. Bekanntlich wurden zum Ende des Zweiten Weltkriegs rund zwei Millionen Menschen aus der ehemaligen Provinz Ostpreußen vertrieben – für Rechtsextreme seitdem ein willkommenes Agitationsfeld zwischen großdeutscher Nostalgie und Opferkult.

Webseite der JLO 2011. Quelle: Internet Archive

Die Gastgeber: Familie Limmer

Der Ort des einwöchigen Treffens – der Bauernhof „Schildhof Baumkirch“, Baumkirchweg 1 in St. Martin, unweit des Luxusresorts Quellenhof – ist kein zufälliger: Das historische Gebäude aus dem 14. Jahrhundert gehört der wohlhabenden Familie Limmer aus Meerbusch in Nordrhein-Westfahlen.

Gisela und Ludwig Limmer, 2005 Quelle: Kerstin Köditz

Gisela Limmer mit Altnazi Herrmann 2008. Quelle: Gamma 186, 2010

Ludwig Limmer (gest. 2006) war Architekt, Gisela Limmer von Massow Schauspielerin. Beide waren bzw. sind in der rechtsextremen Szene gut vernetzt.

2005 werden bei ihm bei einer Hausdurchsuchung holocaustleugnende Unterlagen gefunden, sie wiederum plfegt gute Kontakte u. a. zur JLO. Fotos zeigen sie im August 2008 mit Altnazi Hajo Herrmann, einem ehemaligen Vertrauten von Herrmann Göring.

Das Haus in Südtirol soll laut Staatspolizei Gisela Limmer und ihren beiden Söhnen, Martin und Hans-Christian gehören (was Limmer heute dementiert).

Die Brüder sind in der deutschen rechtsextremen Szene als „treue Kameraden“ bekannt, so die Staatspolizei damals. Ihre Autos wurden laut Staatspolizei beim Treffen am Schildhof gesichtet.

Bericht der Staatspolizei 2007. Quelle: Kerstin Köditz

Mit am Tisch: Rechtsextreme Terroristen

Brisant ist das Treffen jedoch auch aufgrund der Teilnehmer: Laut Informationen der Staatspolizei saßen im Schildhof neben Altnazis und NPD-Funktionären auch Südtiroler Neonazis mit am Tisch.

Mit dabei waren Vertreter des Südtiroler Kameradschaftsringes (SKR) und der Meraner Sektion der Gruppe Skinheads Tirol, die zum Neonazi-Netzwerk Blood & Honour zählten.

Auch mit dabei: Ralf Wohlleben, NPD. Jahrelang hatte er die rechtsextreme Terrorgruppe NSU unterstützt und die Mordwaffe – eine tschechische Ceska-Pistole – besorgt. Zu dem Zeitpunkt, als Wohlleben im Schildhof saß, hatte der NSU damit zehn Menschen getötet.

Ralf Wohlleben 2003. Quelle: Wikipedia

Mehrfach nahm Wohlleben an Treffen der Skinheads Tirol teil. Später wird bekannt, dass die Gruppe im Jahr 2008 in die Planung von Terroranschläge auf migrantische Läden in Südtirol involviert war.

Drohte ein NSU Südtirol? Die Verhaftungswelle im selben Jahr durchkreuzte die Pläne. Und Wohlleben? Der übergibt zwei Verhafteten im März 2009 rund 20.000 Euro, vermutlich für die Prozesskosten.

17 Jahre später: Geheimplan gegen Deutschland

Die Strafen für die Südtiroler Neonazis fallen milde aus, alle werden auf Bewährung ausgesetzt.

Wohlleben wird 2011 verhaftet und 2018 als NSU-Unterstützer wegen Beihilfe zum Mord (in neun Fällen) zu zehn Jahren Haft verurteilt.

Im Januar 2024 wird bekannt, dass Hans-Christian Limmer ein rechtsextremes Geheimtreffen mitorganisiert hat, bei dem Pläne zur Massendeportation von Menschen aus der BRD besprochen wurden. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.

Quellen: