Rechtsextreme Gewalt im „Hexenkessel“: Übergriff auf Urlauber:innen

Gewalt, Hitler-Grüße und verbale Angriffe durch Neonazis – und Security-Mitarbeiter, die sich auf die Seite der Angreifer stellen: Diese Erfahrung machte eine Gruppe junger Sportler:innen aus Deutschland, die zum Ski-Urlaub nach Südtirol gekommen war.

Die Vorfälle ereigneten sich am Donnerstag, 28. März 2024, beim Skigebiet Klausberg im Ahrntal. Die rund 60 jungen Teilnehmer:innen einer „Skifreizeit“ aus Deutschland waren für eine Wintersportwoche ins Ahrntal gekommen. Im „Almpub Hexenkessel“ in Steinhaus wurden sie von einer Gruppe Rechtsextremer bedrängt und körperlich angegriffen. Der Aprés-Ski-Club befindet sich neben der Talstation des Skigebiets.

Hitlergruß im „Hexenkessel“

Im Laufe des Abends wurden die jungen Sportler:innen auf eine fünf- bis zehnköpfige Gruppe junger Männer aufmerksam, die durch ihre Kleidung auffielen. Darauf waren Symbole und Schriftzüge der rechten Szene zu erkennen, wie eiserne Kreuze, Totenköpfe, „Widerstand“-Slogans, schwarz-weiß-rote Farben.

Ein Urlauber erzählt: „Ich habe erst nicht viel davon mitbekommen, dass sie da waren, bis jemand zu mir meinte es seien Nazis im Club. Man erkenne es an den T-Shirts mit den Eisernen Kreuzen und Sprüchen darauf.“

Mehrfach beobachteten sie, wie Hitlergrüße gemacht wurden, und wandten sich an die Security-Mitarbeiter: Das sei ja nicht verboten, hieß es.

Die Rechtsextremen trugen szenetypische Kleidung. Bildquelle: ein Onlineshop

Provokationen und Übergriffe

Die Neonazi-Gruppe hatte sich im Durchgangsbereich neben der Bar aufgestellt und war offensichtlich auf Streit aus. Sie stellten sich im Lokal so hin, dass Leute nah an ihnen vorbei mussten, um in den Raucherbereich zu kommen. Sie haben Leute angepöbelt und angerempelt.

„Ich hatte das Gefühl, dass sie das Ziel hatten, die Leute um sie herum zu provozieren. Ich habe mich irgendwann so unwohl gefühlt, dass ich den Bereich gemieden habe um ein weiteres Zusammentreffen zu vermeiden“, so eine Sportlerin.

Schließlich kam es auch zu physischer Gewalt.

Ein Betroffener berichtet: „Einer von ihnen rempelte mich von hinten an. Er legte mir seinen Arm um die Schulter und fragte mich, was mein Problem sei. Ich sagte ihm er sollte sich entspannen, es gäbe kein Problem. Er schlug mir dann ohne Vorwarnung seinen Kopf auf die Stirn.“ Danach wurde die Person von einem anderen Rechtsextremen homophob beleidigt.

Das Personal schaute tatenlos zu

Die Urlauber:innen schilderten dem Pub-Personal die Vorfälle und baten es, einzugreifen:

„Ich bin mit einigen anderen zum Barkeeper gegangen und habe ihn gebeten die Leute rauszuschmeißen. Er antwortete mir, das seien Stammgäste und er habe keine Übergriffe gesehen, deswegen könne er nichts machen„, so der Betroffene.

„Die Security wurde irgendwann richtig aggressiv uns gegenüber. Der Barkeeper behauptete, wir hätten provoziert und wären selbst Schuld, wenn wir zu denen gehen und provozieren, dass die dann darauf reagieren würden wäre selbstverständlich.“

Die Sportler:innen entschieden sich schließlich, gemeinsam den „Hexenkessel“ zu verlassen.

Pub-Betreiber drohte mit Anzeigen

Einige aus der Gruppe schrieben noch in der selben Nacht Google-Bewertungen, in denen sie die Vorfälle schildern – auch um andere Urlauber:innen vor dem gewalttätigen, rechtsextremen Klientel des Lokals zu warnen.

Daraufhin erhielten die Urlauber:innen Drohungen vom Lokalbesitzer mit Anzeigen wegen Rufmord.

„Er meinte auch, er könnte das Videomaterial der Überwachungskameras so zusammenschneiden, dass es aussähe, als ob wir die Provokateure gewesen sind“, berichtet einer der Betroffenen.

Aus Angst vor Konsequenzen wurden die meisten Google-Bewertungen daraufhin gelöscht. Vier davon liegen noch als Screenshot vor.

Nur diese zwei Bewertungen wurden nicht gelöscht. Quelle: Google

Inzwischen gelöschte Google-Bewertungen. Quelle: privat

Inzwischen gelöschte Google-Bewertungen. Quelle: privat

Kein Fußbreit dem Faschismus

Wohl auch deshalb wandte sich das „Hexenkessel-Team“ vor einigen Tagen mit einer Entschuldigung erneut an die Gruppe und lobte deren „Vernunft“. Die „Jungs“ – gemeint sind die gewalttätigen Neonazis – seien keine Stammgäste und hätten inzwischen Hausverbot.

Überprüfen lässt sich das nicht.

Wir fordern vom „Hexenkessel“ und anderen Lokalen eine konsequente Haltung gegen Rechtsextremismus in ihren Räumen. Wenn wir uns die geheimen AfD-Treffen in Potsdam und die Neonazigewalt der 1990er Jahre in Erinnerung rufen, sollten wir umso konsquenter einschreiten, wo sich jetzt rechtsextremes Gedankengut wieder den Weg bahnt.