Reihe: 75 Jahre Befreiung – Geschichten des Widerstands – Teil 3
Teil 1: Jelka – Drei rote Pfiffe
Teil 2: Carlo Abbamagal – Ein Äthiopier in der italienischen Resistenza
5.143 Tote und ein Urteil | Zum Prozess gegen 61 Linke in Bozen
In Bozen sitzen 31 Personen auf der Anklagebank. Sie haben 2016 gegen die Errichtung einer Grenzsperre am Brenner militant demonstriert. Steine sind geflogen, Scheiben zu Bruch gegangen.
2016 sind 5.143 Menschen im Mittelmeer gestorben. Mindestens. So viele wie noch nie davor. Üblicherweise wird bei Todesfällen die Todesursache bestimmt: Tod aus Erschöpfung, Tod durch Ertrinken, Tod aus Verzweiflung. Es wird, üblicherweise, auch nach dem Grund des Todes gefragt. Und nach möglichen Täter:innen. Weiterlesen
Carlo Abbamagal – Ein Äthiopier in der italienischen Resistenza
Reihe: 75 Jahre Befreiung – Geschichten des Widerstands – Teil 2
Teil 1: Jelka – Drei rote Pfiffe
Das Foto unten zeigt Partisanen des sogenannten „Battaglione Mario“, eine der ersten Formationen der „Resistenza“ in den Marche. Darin kämpfen neben Menschen aus Italien, Großbritannien und der Sowjetunion auch Leute aus Äthiopien, Eritrea und Somalia. Einer von ihnen ist der Äthiopier Carlo Abbamagal (vorne im Bild). So wie weitere fünfzig Personen aus den damaligen italienischen Kolonien kämpft auch er im antifaschistischen Widerstand. Carlo wird die Befreiung nicht erleben: Ein Südtiroler Nazi erschießt ihn am 24. November 1943 auf dem Monte San Vicino. Weiterlesen
Jelka – Drei rote Pfiffe
75 Jahre Befreiung – Geschichten des Widerstands
75 Jahre nach der Befreiung vom Faschismus wollen wir jeden Monat eine Geschichte des Widerstands erzählen. Sich erinnern heißt für uns auch historisch Verantwortung übernehmen und Lehren daraus ziehen. Erinnern heißt kämpfen. Erinnern heißt auch deswegen kämpfen, weil es immer weniger Zeitzeug*innen geben wird und immer mehr Stimmen, die mit „diesem Kapitel“ abschließen wollen. Aber antifaschistischer Widerstand ist kein historisches Event. Es ist eine tägliche politische Praxis die es gilt aufrecht zu erhalten. Es bedeutet im Hier und Jetzt nicht hinzunehmen, wenn die Würde von Menschen mit Füßen getreten wird; kritisch zu betrachten wo autoritäre und menschenverachtende Ideologien in der Mitt e der Gesellschaft Platz finden.
Um die Erinnerung aufrechtzuerhalten, wollen wir Geschichten von Menschen erzählen, die uns Beispiel sein können und Inspiration. Und die uns Mut machen niemals aufzugeben. Die erste inspirierende Geschichte von Widerstand handelt von der Partisanin Helena Kuchar. Die österreichische Antifaschistin hatte sich in Kärnten den Partisan*innen angeschlossen und mutig und unerschrocken gegen den Faschismus gekämpft.
Jelka – Helena Kuchar
Die Kärtner Slowenin Helena Kuchar bewies Mut und Stärke. Als einfache Magd und vierfache Mutter – ihr Mann an der Front – hat sie sich den Kärtner Partisan*innen angeschlossen. Das Porträt einer starken Frau und Antifaschistin.
Solidarität statt Verschwörungsdenken!
Die Corona-Pandemie hat zweifellos viele schwerwiegende gesellschaftliche Folgen mit sich gebracht. Neben den offensichtlichen – also den Toten, den Erkrankten, den Ausgangsperren, den sozialen und wirtschaftlichen Folgen des Shutdowns – ist eine weitere Entwicklung zu beobachten, die Sorgen bereitet: Eine wachsende „Corona-Kritik“-Bewegung, die sich zunehmend verschwörungstheoretischen Desinformationskampagnen öffnet und zu „Hygienedemos“ mobilmacht.
Von der Impfkritik zur Weltverschwörung
Corona-Verschwörungserzählungen stellen vermeintlich Schuldige an den Pranger und vermeiden so die Auseinandersetzung mit einer unsicheren und schwierigen Situation. „Der Glaube an eine Verschwörung kann ein Hilfskonstrukt sein, um Ordnung in das Chaos zu bringen“, erklärte Katharina Nocun unlängst in einem Beitrag der ze.tt. Oft sind die „Schuldigen“ Teil einer vermeintlichen großen Verschwörung, etwa im Rahmen einer „Neuen Weltordnung“. Namen wie Bill Gates oder George Soros werden hierzu oftmals in traditionell antisemitischen Verschwörungsmythen eingebaut. Von den internationalen bösartigen Eliten zur jüdischen Weltverschwörung ist es oft nur ein kurzer Schritt. Weiterlesen
Fascho-Konzert in Südtirol
Am Samstag, den 30.11 findet in Südtirol ein Fascho-Konzert statt. Die Bozner Gruppe Green Arrows feiern ihr 20-jähriges Jubiläum und sind Headliner. Diese haben schon auf Neonazikonzerten in ganz Europa gespielt und pflegen Verbindungen zu Casapound, Veneto Fronte Skinheads und Blood & Honour. Ihre Musik vertreiben sie unter anderem bei Black shirts records. Beim Betreten der Webseite wird man von faschistischen Schwarzhemden aus den 1920ern begrüßt. Des Weiteren spielt die bekannte Band Hate for Breakfast, welche mit Songtexten wie “Donna cesso, feticcio sessuale. Prendi più cazzi, compra meno cazzate” und Faschismus verherrlichenden Liedern keinen Hehl aus ihrer menschenfeindlichen Einstellung machen.
Des weiteren spielen Istigazione, Martialis und Confine aus Bozen – welche wohl alle aus dem Casapound-Umfeld stammen. Bei DJ Bonny handelt es sich um Andrea Bonazza – der auch wohl in der Band Confine spielt.
Der genaue Ort ist noch nicht bekannt und wird, wie bei vielen Rechtsrockkonzerten, erst kurz davor bekannt gegeben. In einschlägigen Deutschen Chatgruppen wird das Konzert auch beworben.
Scheinbar haben neofaschistische Gruppen im Bozner Raum immer noch Narrenfreiheit. Wären die Organisatoren deutschsprachige Neonazis, wäre wohl alles vorher aufgeflogen und verboten worden. Doch beim Rechtsextremismus misst man wohl mit zweierlei Maß und lässt italienischen Neonazis freien Lauf.
Ältere Artikel zu Rechtsrock-Konzerten in Südtirol: https://antifameran.blogspot.com/search?q=green+arrows
Uni-Projekt belegt Gefahr der Südtiroler Neonazi-Szene
Was herauskommt, wenn man alle Daten und Fakten zur Südtiroler Neonaziszene der letzten 25 Jahre zusammenträgt? Wenn man die zahllosen „Einzelfälle“, „Lausbubenstreiche“, „Jugendsünden“ und „bsoffene Gschichtn“ zusammenfügt, wie die Einzelteile eines Puzzles?
Das Bild einer „aktiven, hochgradig organisierten und international vernetzten Szene“, deren Dimensionen „in einem kleinen Land wie Südtirol beachtenswert“ sind (barfuss.it) – und nicht mehr kleingeredet werden können.
Johannes Kramer ist Historiker, Alexander Fontó Sozialarbeiter (im Bild). Sie haben im Rahmen eines Projektes an der Universität Wien eine Datenbank erstellt und alle verfügbaren Berichte zu neonazistischen Umtrieben eingespeist – in jahrelanger Recherchearbeit. Unterstützt wurden sie von Lukas Tröger und Max Volgger. Erstmals lässt sich nun sehr genau sagen, wie sich die Szene in den letzten Jahrzehnten entwickelt hat.
Ihre Erkenntnisse bestätigen das, was Aktivist*innen schon seit geraumer Zeit feststellen: Südtirol hat ein Neonaziproblem, und zwar ein akutes. Die Szene gibt es schon lange, ist nach wie vor sehr aktiv, stark vernetzt und ideologisch gefestigt. Das heißt: Es wird sie auch weiterhin geben. Viele Neonazis sind in die Dorfgemeischaft gut integriert und pflegen einen internationalen Austausch – nicht zuletzt bis in die Kreise des NSU-Netzwerks.
Kramer und Fontó zeigen auf, dass ein massiver Handlungsbedarf besteht. Dass alle Fakten auf dem Tisch liegen – und niemand mehr sagen kann, er hätte nichts gewusst.
Im Interview mit barfuss erklären Kramer und Fontó die Hintergründe des Dokumentationsprojektes und welche Schlüsse sich daraus ziehen lassen. Details zum Forschungsdesign und den Ergebnissen lassen sich im Kurzbericht (pdf) oder ihrem Beitrag im Buch „Der Identitäre Rausch. Rechtsextremismus in Südtriol“ (herausgegeben 2019 von Günter Pallaver und Giorgio Mezzalira) nachlesen.
Der Christchurch-Attentäter, die Identitären und Südtirol
Der Attentäter von Christchurch war ideologisch und finanziell mit der rechtsextremen Vereinigung „Identitäre Bewegung“ verstrickt, die auch in Südtirol aktiv ist. Matthias Hofer von der Süd-Tiroler Freiheit hatte die Identitären noch vor zwei Jahren medial unterstützt und gegen Kritik in Schutz genommen.
Die Spitze des Eisbergs
In den Medien war in den letzten Tagen viel vom Geheimdienstbericht und der dort erwähnten Neonazi-Gefahr in Südtirol die Rede. Konkret geht es um die Erwähnung Südtirols im jährlichen Bericht an das Parlament („Relazione al Parlamento 2018“) des italienischen Inlandsgeheimdienstes „Sistema di informazione per la sicurezza della Repubblica“, der zunächst online kursierte und seit gestern auf der offiziellen Website einsehbar ist. Hier der Auszug, der auf Südtirol Beug nimmt:Wer dies liest, kann über die Reaktionen nur den Kopf schütteln.
Il 4 novembre – quale vittoria? | Commento
Il 4 novembre del 1918, alle ore 15.00, entrò in vigore l’armistizio firmato il giorno precedente a Villa Giusti dai rappresentanti d’Austria-Ungheria e del Regno d’Italia. Dopo tre anni e mezzo sul fronte italiano tacquero le armi che avevano insanguinato le Alpi dallo Stelvio all’Adriatico. Sul fronte francese, invece, si continuerà a morire nelle trincee per un’altra settimana.
A cento anni da quel giorno si potrebbe supporre di poter valutare un evento drammatico come il primo conflitto mondiale con un certo distacco, analizzandolo in una prospettiva storica. A quanto pare, purtroppo, un processo del genere risulta impossibile in determinati ambienti, almeno a giudicare dalla demenziale campagna di Fratelli d’Italia, ribattezzata con un certo cattivo gusto „non passa lo straniero“ con un chiaro riferimento alla difesa sul Piave dopo la catastrofe di Caporetto dell’ottobre 1917. Se paragonare gli eventi di oggi a quelli di cento, duecento, trecento o mille anni fa è stupido, sciacallare sui caduti per fini politici, cercando di ragranellare un po‘ di consenso tra sovranisti e nostalgici, è invece disgustoso. Allo stesso modo è quanto mai discutibile parlare di „vittoria“ nel 2018, dopo aver visto il XX secolo insanguinato dalle conseguenze di quel conflitto.