Hans Pircher, der „Vinschger Partisane“

Zehn Jahre seines Lebens wird der gebürtige Laaser im Gefängnis für seinen Widerstandskampf einsitzen. Wie ihm erging es auch anderen Südtiroler Partisanen. Ein Unrecht, worüber selbst heute noch kaum gesprochen wird.

Aus der Reihe: 75 Jahre Befreiung – Geschichten des Widerstands
Jelka – Drei rote Pfiffe (Teil 1)
Carlo Abbamagal – Ein Äthiopier in der italienischen Resistenza (Teil 2)

Lucía Sánchez Saornil – Freiheit und Widerstand! (Teil 3)

Hans Pircher, geboren 1924, wächst auf dem „Pöderhof“ in Laas auf. Seine Eltern sind Kleinbauern. Mit nur 19 Jahren, im Jahr 1943, wird Pircher in die Wehrmacht eingezogen. 1944 kehrt er schwer verwundet von Leningrad (heute St. Petersburg) zurück. Nach seiner Genesung im Krankenhaus flieht er in die Schweiz, wo er mit anderen Deserteuren interniert wird. Pircher wird kurz darauf von der österreichischen Partisanengruppe „Patria“ angeworben. Der Schweizer Geheimdienst überprüft den von anderen Widerständlern genannten „Vinschger“ politisch.

Pircher soll als Kurier im Namen der Alliierten 500.000 italienische Lire an die Egarter-Gruppe in Meran schmuggeln. Im katholischen Institut Filipinum in Meran, einem zentralen Ort des Widerstands, wird die Geldübergabe organisiert. Außerdem hat Pircher noch geheime Dokumente dabei, wie etwa einen Code, über den „Radio London“ Nachrichten an die Gruppe Egarter übermittelt. Anschließend schließt sich Pircher einer Gruppe Passeirer Partisanen an, der sogenannten „Gufler Bande“
 
Der britische Geheimdienst meldet im April 1945 an die Londoner Zentrale:

„Südtirol (Tirol), Barbarossa (Spitzname für Hans Egarter) meldet, dass er in Verbindung mit Innsbruck ist – 80 Mann im Passeiertal – 40 Mann im Sarntal – 200 Mann am Nonsberg – Südtiroler Polizeiregimenter SS 7 nahe Udine und Polizeiregiment Alpenvorland nahe Belluno werden 200 Maschinenpistolen, 50 Maschinengewehre, 200 Gewehre und 100 9,9-Millimeter-Pistolen benötigen – Kurier wird diese Woche mit Abwurfzonen erwartet.“

 
Im Herbst 1944 kommt es zu einem Austausch zwischen dem italienischen Befreiungskommittee (CLN) aus Bozen und der Egarter-Gruppe, dies wurde jedoch mit der Ermordung des CLN-Leiters Manlio Longon durch die SS in Bozen unterbrochen. Einen Monat vor Kriegsende sind drei Polizeiregimenter in Südtirol unterwandert: „Alpenvorland“, „Schlanders“ und „Brixen“.

Nach Kriegsende werden 18 Partisanen der Ermordung eines deutschen Hauptmannes und eines Passeirer AdO-Blockleiters angeklagt. Unter ihnen auch Egarter und Pircher. Der AdO war die Arbeitsgemeinschaft der Optanten für Deutschland, eine NS-nahe Vereinigung. In erster Instanz werden alle freigesprochen, in der Berufung jedoch verurteilt. Pircher wird einzig einer Aussage eines Mitangeklagten, welcher dieser später widerruft, zu 30 Jahren Haft verurteilt. Zehn Jahre davon sitzt er ab. 1975 wird er begnadigt. Bis zu seinem Tod im Jahr 2002 lebt er in Vezzan bei Schlanders. Egartner lebte in Brixen weiter, wo er sich immer wieder mit Anfeindungen von Brixner Nazis konfrontiert sah. Er starb 1966 einen einsamen Tod. Auf seinem Grabstein steht einzig das Wort „Journalist“.

Der antifaschistische Widerstand in Südtirol wurde mit diesen Urteilen zu von Widerständlern zu Kriegsverbrechern erklärt. Die Gedenktafel in Sand/Passeier an die Partisanen wurde entfernt, 1984 sprach sich die Landesregierung dagegen aus, sie erneuern zu lassen. 
 
 „Wie es grundfalsch und einseitig ist, die Südtiroler in Bausch und Bogen als Nazis zu bezeichnen, so ist es ebenso falsch, allen Südtirolern die Generalabsolution zu geben und sie als die unschuldigsten Lämmer der Welt hinzustellen.“ (Hans Egarter, Volksbote vom 22.11.1945)
 
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