Rechtsextremes Treffen in Mailand: Angst vor Antifaschismus

Was als rechtsextremer „Gipfel von Mailand“ angekündigt war, endete in einem stickigen Theatersaal des Städtchens Gallarate in der lombardischen Provinz. Auch Rechtsextreme aus Südtirol waren dabei. In Mailand zogen indes über 2.000 Antifaschist:innen hinter dem Banner „Make Europe Antifa Again“ lautstark durch die Innenstadt. 

Vereint hinter einem neuen Slogan: „Make Europe Antifa again“.
Foto: ANSA / PAOLO SALMAOIRAGO

Italienische Neofaschisten luden nach Mailand

Dass sich Südtiroler Rechte und italienische Faschisten die Hand schütteln, kommt nicht oft vor. Der letzte Samstag (17.5.) zeigte wieder einmal: Hass vereint, Rassismus verbindet.
Anlass war das als „Remigrations-Gipfel“ propagierte Treffen von Rechtsextremen aus mehreren europäischen Ländern. 
Organisiert wurde der Kongress von der italienischen Gruppe „Azione Cultura Tradizione“ und dem Aktivisten Andrea Ballarati, einem ehemaligen Mitglied der Jugendorganisation der Partei Fratelli d’Italia. Die neofaschistische Gruppe „CasaPound“ nahm zwar nicht teil, erklärte jedoch ihre Unterstützung für die Veranstaltung.
Trotz ihrer ansonsten konträren Vorstellungen von „Volkszugehörigkeit“ eint die rechtsextremen Deutschen und die italienischen Faschisten der gemeinsame „Feind“ von außen.

Angst vor antifaschistischem Protesten

Das Treffen hätte eigentlich in Mailand stattfinden sollen. Nach angekündigten Protesten und Absagen suchten die Rechten lange vergebens nach einem Veranstaltungsort. Kurzfristig wurden die Teilnehmer:innen informiert, dass das Treffen in Gallarate stattfinden werde, einer 40 Kilometer außerhalb von Mailand gelegenen Kleinstadt.
Das Treffen begann jedoch nicht wie geplant am Nachmittag, sondern bereits in der Früh. Wohl auch, da für Nachmittag eine antifaschistische Demonstration angemeldet worden war.

Starke antifaschistische Präsenz in Mailand

Mehr als 2.000 Antifaschist*innen demonstrierten in Mailand unter dem Motto „Make Europe Antifa Again“ gegen das Treffen der Rechtsextremen. Die Polizei setzte vergeblich Wasserwerfer und Tränengas ein, um die Demonstrant:innen zu zerstreuen.

Zeitgleich hatte ein breites Bündnis zu einer Kundgebung auf dem zentralen San-Babila-Platz in der Innenstadt aufgerufen. Die Modena City Ramblers spielten, Gewerkschafter:innen und Linkspolitiker:innen hielten Reden.

Schulterschluss in der Provinz



Im Stadttheater in Gallarate, dem Veranstaltungsort des rechtsextremen Treffens, blieben zahlreiche Sitze leer – weit entfernt von den 400 angekündigten Teilnehmern. Trotz der überschaubaren Kulisse hatte das Treffen inhaltlich Gewicht: Es brachte zentrale Akteure der europäischen extremen Rechten zusammen und setzte ideologisch klare Signale. Der Kongress wurde u. a. von Martin Sellner (Identitäre Bewegung) mitorganisiert und propagierte offen rassistische Forderungen wie die Massendeportation von Migrant:innen.

Auch Südtiroler beteiligten sich

Vertreter der Südtiroler Rechten – darunter die „Junge Aktion“ und JWA-Mitarbeiter Raphael Mayrhofer – nahmen am rechtsextremen Treffen.
Der aus Olang stammende ehemalige Kandidat der Südtiroler Freiheit und Schützenkamerad Alex Auer vertrat die “Junge Aktion” während dem Event.
Jürgen Wirth Anderlan konnte aus gesundheitlichen Gründen nicht teilnehmen, rührte aber auf Social Media fleißig an der Werbetrommel. Der rechtsextreme „Maiausflug“ zeigt einmal mehr, wie aktiv und international vernetzt die Südtiroler Rechte agiert.



Südtiroler Rechte auf Besuch bei italienischen Faschisten in Gallarate.
Foto: Links Mitte: Raphael Mayrhofer / Foto rechts: Alex Auer / Flickr / theo.winkler

Grenzprobleme für Ausgrenzungs-Fans

Kurz vor dem Treffen versuchte die deutsche Bundespolizei, mehreren Identitären-Aktivisten die Ausreise zu verwehren – acht wurden am Münchner Flughafen gestoppt und stundenlang festgehalten. “Ausgerechnet eine geschlossene Grenze machte der Gruppe einen Strich durch die Rechnung.”, schreibt Beltower News.



AfD-Politikerin Lena Kotré lobte beim Treffen offen die Identitäre Bewegung (IB) und betonte deren positiven Einfluss auf die Politik. Während sich die Partei früher offiziell von der IB distanzierte, hat sich das Klima inzwischen gewandelt: Die „Neue Rechte“ liefert heute ideologische Grundlagen und dient der AfD als strategisches Bindeglied zur Jugend.

Unterstützung durch italienische Rechtsparteien



Auch die Lega findet sich ideologisch längst in der neuen Rechten wieder. Ohne die Zustimmung des Lega-Bürgermeisters im Veranstaltungsort Gallarate, Andrea Cassani, wäre eine derartige Konferenz in einer kommunalen Einrichtung nicht möglich gewesen.
Für Italiens Innenminister Matteo Piantedosi handelt es sich dabei lediglich um „legitime Beiträge“, während er es vorzieht, gegen die antifaschistischen Demonstrationen zu polemisieren, die er als „Vorwand für Unruhen“ bezeichnete.



2.000 Antifaschist:innen marschierten lautstark durch Mailand. Foto: Libero

Auch wenn viele italienische Medien das „Remigrations“-Narrativ unkritisch übernahmen und verbreiteten, war die Vertreibung der Rechtsextremen aus Mailand ein starker Erfolg von Antifaschist:innen aus unterschiedlichen Lagern. Antifaschismus wirkt!

Neue Rechte in Südtirol: Ästhetik, Netzwerke und Gefahr der Verharmlosung

In einem kürzlich veröffentlichten Video auf Instagram sind vier Männer mit rot-weißen Sturmhauben zu sehen. Sie filmen sich beim Training und Boxen im Ares Calisthenics Park in St. Georgen bei Bruneck. Das Profil auf Instagram nennt sich „Junge Aktion“.

In der Beschreibung heißt es: „Wir sind die Speerspitze der volkstreuen Jugend in Südtirol, eine Jugend, die ihr Land nicht aufgibt. Wir sind organisiert, diszipliniert und aktiv – und wir holen unser Land zurück!“

Zu sehen ist im Video, wohl kaum zufällig, ein Aufkleber gegen das NS-Verbotsgesetz, der sich mit dem aus Lienz stammenden Neonazi Manuel Eder solidarisiert. Der Osttiroler wurde wegen NS-Wiederbetätigung verurteilt, gehörte zum Blood-&-Honour-Netzwerk, wirkt in Rechtsrock-Bands wie z. B. „Terrorsphära“ mit und ist aktiv in der neonazistischen Kampfsportszene.

Die Jungs zeigen sich beim Lesen des Buchs „Remigration“ des österreichischen Rechtsextremisten Martin Sellner. Am Ende des Videos wird das Okay-Handzeichen gezeigt, das seit einigen Jahren in der Neonazi-Szene als Symbol für White Power steht.

Nazi-Sticker und White-Power-Gruß / Instagram
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Der Christchurch-Attentäter, die Identitären und Südtirol

Der Attentäter von Christchurch war ideologisch und finanziell mit der rechtsextremen Vereinigung „Identitäre Bewegung“ verstrickt, die auch in Südtirol aktiv ist. Matthias Hofer von der Süd-Tiroler Freiheit hatte die Identitären noch vor zwei Jahren medial unterstützt und gegen Kritik in Schutz genommen.

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