Deutsche Burschenschaft: Schiffbruch im sonnigen Süden

Es sollte ein zweitägiges Fest im Zeichen von Nation und Vaterland werden, eine Vernetzungsfeier im „deutschen Süden“, eine unbeschwerte Fahrt zu stramm rechten, echten deutschen Freunden. Manchmal läuft nicht alles nach Plan. Und manchmal läuft alles aus dem Ruder: Die Deutsche Burschenschaft hat ein Debakel erlitten wie schon lange nicht mehr.

Die Verbandstagung: zusammengekürzt, chaotisch, spärlich besucht. Nur rund einhundert Teilnehmer:innen zog es nach Südtirol. Und dann wurde auch noch öffentlich bekannt, dass sich die Deutschnationalen als „deutsch-italienischer Kulturverein“ ausgeben mussten, um überhaupt an einen Raum zu kommen. 

Zum Ablauf der Verbandstagung verweisen wir auf den Bericht der Antifa Freiburg.

Schon der Donnerstag hatte für die Deutsche Burschenschaft miserabel begonnen: Wieder eine Polizei-Razzia bei einer Mitgliedsverbindung, diesmal bei der Burschenschaft „Teutonia Prag“ aus Würzburg (Bayern). Der Verdacht: Volksverhetzung und das Verwenden von Symbolen verfassungswidriger Organisationen. Wieder einer dieser „Einzelfälle“, Symptome desselben faschistoiden Geschwürs, das einen Großteil des Verbandes durchzieht.

Für das stark verkürzte Programm für Freitag und Samstag wollte sich in Südtirol zunächst auch niemand so recht hergeben. Mehrere Gaststätten im Meraner Raum hatten entsprechende Anfragen bekommen – und abgelehnt: „Wir wollen mit derartigen Gruppen nichts zu tun haben und distanzieren uns.“

Mehr Glück hatte der von rechtsextremen dominierte Verband beim „Sandwirt“ im Passeiertal, dem Geburtshaus von Andreas Hofer, einem beliebten Treffpunkt rechtskonservativer Gruppen. Dort konnten sich die Burschen am Freitag fröhlich versammeln, obwohl die Betreiber Bescheid wussten, dass sie sich unter anderem Neonazis in die Stube holen. Auf Nachfrage galt: „Geschlossene Gesellschaft“. Beim Marlinger Vereinshaus mussten sich die Deutschnationalen dann schon bis zur Lächerlichkeit verbiegen, um an den Raum zu kommen: Gebucht wurde dieser für die Gründungsfeier eines „deutsch-italienischen Kulturvereins“, so eine Verantwortliche des Hauses.

Geschützt wurden die deutschen Männerbündler in Marling von einer Vielzahl Zivilbeamter, die sowohl im Auto als auch zu Fuß um das Gebäude schwirrten und auch Passant*innen kontrollierten. Am Kirchplatz standen mehrere Einsatzfahrzeuge der Carabinieri. Es war ein Aufgebot, als gäbe es eine Bombendrohung.

Rechtsextreme? Nicht willkommen!

Im Vorfeld des Treffens drückten unterschiedliche Gruppen in Süd- und Nordtirol mit Protestaktionen ihre Ablehnung aus. In Lana und Innsbruck kam es zu Banneraktionen der Fans des FC Obermais und des FC Wacker Innsbruck, in Marling, Algund und Meran fanden Banner-Drops und Plakataktionen statt, in Meran gab es am Samstagnachmittag einen Infostand.

Die Großdeutschland-Versteher

Der große nationale Schulterschluss mit der deutschsprachigen Rechten in Südtirol bei der Tirol-Feier am Samstag war ausgeblieben. Mit dabei waren jene Politiker:innen, die sich bereits im Vorfeld für die Burschenschafter stark gemacht hatten. Um nur einige zu nennen:

  • Otto Mahlknecht ist Freiheitlicher Landtagskandidat, Mitglied der Verbindung „Laurins Tafelrunde“ und Anwalt der Deutsche Burschenschaft. Vor wenigen Jahren hatte er sich noch gegen die Sanierung „faschistischer Relikte“ in Bozen stark gemacht und der Stadtführung „nationalistisches Denken“ vorgeworfen, gestern feierte er mit deutschen Rechtsextremen und Nationalisten in Marling.
  • Melanie Mair, Landesjugendsprecherin der Süd-Tiroler Freiheit und Mitglide bei der Schützenkompanie Tscherms, hat gute Verbindungen zu den beiden rechtsextremen Burschenschaften Brixia und Suevia aus Innsbruck. Die Brixia hatte 1989 den Holocaust-Leugner David Irving nach Innsbruck geladen. In einem Leserbrief gibt Mair an, „viel Zeit mit Burschenschafter“ verbracht zu haben und von deren „Kameradschaft“ beeindruckt gewesen zu sein. Na dann.
  • Gudrun Kofler, Mitglied der Süd-Tiroler Freiheit, hat als FPÖ-Landtagsabgeordnete in Tirol von Haus aus wenig Berührungsängste mit Burschenschaften. Die FPÖ gilt ja als eine von Burschenschaftern unterwanderte Partei, 2019 etwa waren 40 % der FPÖ-Nationalratsabgeordneten Mitglied einer deutschnationalen oder völkischen Verbindung.

Und man vertraut auch nicht auf Politik und Polizeiapparat…

Nach der klaren Positionierung der Gemeinde Algund und ähnlichen Aussagen vonseiten SVP-Leitung wäre davon auszugehen gewesen, dass der Deutschen Burschenschaft keine öffentlichen Räume in Südtirol zur Verfügung gestellt werden.

Letztlich konnten rechtsextreme Burschenschafter im Marlinger Vereinshaus feiern. Und auch wenn die Verantwortlichen in Marling beklagen, „getäuscht“ worden zu sein: Hier wurde von der Gemeinde und SVP-Bürgermeister Felix Lanpacher bewusst weggesehen, da allen klar sein musste, dass die Burschenschafter für diesen Tag ein Ersatzlokal suchen.

Es hat sich gezeigt, dass auf die Politik und die SVP kein Verlass ist, wenn es um Neonazismus und Rechtsextremismus geht. Sie haben diesen für wenig Geld eine öffentliche Bühne geboten – während die Anti-Terror-Polizei Digos daran mitgewirkt hat, dass eine Veranstaltung gegen Rechtsextremismus in Meran abgesagt werden musste.

Antifaschismus wirkt!

Festgehalten werden kann, dass die Deutschnationalen und Rechtsextremen bei ihrem Versuch, für ihre Sache im „deutschen Süden“ zu werben, eindeutig Schiffbruch erlitten haben. Gleichzeitig hat die Auseinandersetzung gezeigt, wie wichtig antifaschistisches Engagement, Bündnisarbeit und Vernetzung sind. Und dass es jede:n Einzelne:n braucht, um solche Kämpfe auch in Zukunft führen zu können. Denn nur gemeinsam ist es uns gelungen, die nationalistische Jubelfeier zum Desaster zu machen: Naziburschen – auf Nimmerwiedersehen!

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