Bozen: Politische Repression gegen Proteste

Platzverweise, Demonstrationsverbote, Anzeigen. In Bozen gibt es eine Welle der Repression gegen linke Proteste.

Am 17. Juli gab es eine Protestaktion der Insassen des Bozner Gefängnisses gegen die schlechten Haftbedingungen. Kürzlich brach dort die Krätze aus und dieses Jahr gab es in italienischen Gefängnissen bereits 58 Selbstmorde. Mit Töpfen wurde gegen die Gitterstäbe gehämmert, um sich außerhalb der Gefängnismauern Gehör zu verschaffen. Ein Protestbanner mit den Worten: „Mehr Würde, Stopp den Suiziden in den Gefängnissen. Wir sind nicht unser Urteil.“ wurde vor die Gitterstäbe gehängt.

Vor dem Gefängnis versammelte sich eine Gruppe solidarischer Menschen, die später wegen einer „nicht genehmigten Demonstration“ angezeigt wurden. Zudem erhielt ein Aktivist, der in der Nähe von Bozen wohnt, ein foglio di via (Platzverweis oder Stadtverbot) für zwei Jahre. Eine Nichtbeachtung kann bis zu eineinhalb Jahre Haft bedeuten. Laut dem Aktivisten enthält der Platzverweis falsche bzw. erfundene Informationen, die auch nach einer Bitte um Korrektur nicht geändert wurden.

Dies ist einer der vielen Versuche, linke, emanzipatorische Aktionen in Bozen zu kriminalisieren. Vor kurzem wurde auch zwei Personen aus dem Raum Brixen, die an einer Protestkundgebung gegen Abtreibungsgegner (Bewegung für das Leben) vor dem Krankenhaus in Bozen teilgenommen hatte, mit einem dreijährigen Stadtverbot bestraft. Die Repression traf in den letzten Monaten besonders Menschen in Bezug auf Palästina-solidarische und queerfeministische Proteste. Zudem wurde am 28. Juni die Pride-Demonstration „Priot“ verboten.

Ein Platzverweis oder Stadtverbot erfolgt nach einer eher schwammigen Interpretation der Polizei, z.B. wenn eine Person als „sozialer Gefährder“ eingestuft wird. Eine Möglichkeit der Betroffenen, Einspruch zu erheben, scheint es hier anscheinend nicht zu geben. Dabei reicht z.B. auch schon eine Anzeige, für die es noch keine Verurteilung gibt. Ein weiteres Mittel der Einschüchterung ist der avviso orale“, eine Art mündliche Verwarnung mit einer „Aufforderung zur Verhaltensänderung“ und der Androhung von Hausarrest. Auch hier kann die Verwarnung nach freiem Ermessen und willkürlich angewendet werden. Das riecht nach Polizeistaat.

Quelle: Salto

Der Anwalt Nicola Canestrini spricht mit Blick auf Bozen in einem Salto-Interview von „Repressionsmaßnahmen“ und betont, dass Grundrechte wie die Bewegungs- und Versammlungsfreiheit stark eingeschränkt werden.

Solche sogenannte “präventive Maßnahmen“ werden vom neuen Polizeiquästor Sartori nicht mehr nur gegen schwere Straftäter:innen, sondern auch gegen politische Aktivist:innen, Obdachlose und  Menschen ohne gültige Papiere eingesetzt.
Das ganze wird medial aufgebauscht, von Landesrätin Ulli Maier beklatscht und Zeitungen wie Dolomiten, Alto Adige und Konsorten haben wieder neue Schlagzeilen.

Wir zeigen uns solidarisch mit den Betroffenen. Gegen politische Einschüchterung und Repression. Lasst euch nicht unterkriegen!

 

Weiterführende Links:
– Prescrizioni, Cortei vietati, avvisi orali, fogli di via: il Questore di Bolzano perseguita chi dissente
Guerra ai poveri. Il senso del Questore per la legge
– Questore, sempre più misure preventive