Lucía Sánchez Saornil – Freiheit und Widerstand!

Die Geschichte einer Anarchistin, Feministin und Antifaschistin

Reihe: 75 Jahre Befreiung – Geschichten des Widerstands – Teil 3
Teil 1: Jelka – Drei rote Pfiffe
Teil 2: Carlo Abbamagal – Ein Äthiopier in der italienischen Resistenza

„Lebt wohl, ihr Wasser des Flusses / Straße zum wilden Meer / Lebt wohl, ihr grausamen Wasser / Klingen, die ihr euch schärftet / am Stein des Winters. / Meine Hände sind zerschnitten” (Saornil)
 
Lucía Sánchez Saornil war mehr als eine Träumerin bis zu ihrem Tod war sie eine Verfechterin der Freiheit, eine unbeugsame Rebellin und außerdem eine leidenschaftliche Dichterin. Inmitten des spanischen Bürgerkriegs gründete die Anarchistin und Lesbe die Frauenorganisation „mujeres libres“ (freie Frauen) und kämpfte für eine befreite Gesellschaft und gegen das faschistische FrancoRegime. 

 1895 wurde Saornil in eine proletarische Familie in Madrid hineingeboren. Als ihre Mutter und ihr Bruder starben, arbeitete sie wie ihr Vater in der Telefonzentrale der Casa del Duque und studierte währenddessen Malerei. Sie veröffentlichte bereits 1916 Gedichte in der anarchistischen Zeitschrift Los Quijotes unter dem männlichen Pseudonym Luciano de San-Saor. 

Versammlung der Mujeres Libres

In den 20ern begann Saornil in der anarchistischen Arbeiter*innenbewegung aktiv zu werden. Sie schrieb politische Texte, arbeitete für anarchistische Zeitungen und war von 1933 zehn Jahre lang Redaktionssekretärin von CNT Madrid (Konföderation anarchosyndikalistischer Gewerkschaften in Spanien). 1936 gründete sie schließlich mit Mercedes Comaposada und Amparo Poch y Gascón die anarchafeministische Organisation „mujeres libres“ und forderte die Befreiung der Frauen nicht nur ein, sondern lebte sie auch vor. Die Organisation war eine Abspaltung der CNT und kämpfte den „doppelten Kampf“ (doble lucha) den Kampf gegen Franco und gegen die sexistischen Strukturen in den eigenen Reihen. An die 20.000 Frauen schlossen sich dieser Idee an, viele von ihnen auch dem bewaffneten Widerstand. Vom „Feminismus“ distanzierten sich die Proletarierinnen, weil er für sie mit der Bourgeoisie und somit dem Klassenfeind verbunden war. Sie organisierten Bildungen für Frauen, brachten eine eigene Zeitung heraus, bauten kulturelle Zentren auf.

Saornil (links) mit Emma Goldman (Mitte)

Mit Ausbruch des Bürgerkriegs schrieb Lucía Sánchez Saornil weiter, sowohl die Hymne der mujeres libres, als auch Gedichte für die Kämpfer*innen an der Front:
„Wir wissen es nicht. Man hat uns diese Pflicht zugewiesen, und wir erfüllen sie unerbittlich, die leichte Feder in der Hand, auch, wenn die Hand sich ballen will, um das Gewehr zu greifen, oder die Pistole. […] Wir müssen weiter Worte weben, Worte, die allen sagen, was ihre Pflicht ist, ihre unabdingbare Pflicht, höher als unser persönliches Schicksal, denn sie ist das Schicksal der gesamten Menschheit”. 
 
Während der Belagerung Madrids 1936 las sie ihr Widerstandsgedicht „Madrid, Madrid, mein Madrid“ öffentlich im Radio vor. Saornil war außerdem Mitglied des Consejo General de Solidaridad Internacional Antifascista (S.I.A.) einer anarchistischen Hilfsorganisation und grenzübergreifend mit Widerstandskämpfer*innen vernetzt. Mit ihrer lebenslangen Gefährtin América Borroso floh sie 1939, arbeitete für die S.I.A. in Paris und kehrte aber 1941 wahrscheinlich nach Spanien zurück, wo sie 1970 starb. 

Saornil (rechts) auf einer Versammlung der Mujeres Libres, Valencia 1937

Es bleiben die Worte einer besonderen Frau, einer Kämpferin für die Freiheit, einer unerschrockenen Dichterin. Und es bleibt ihr Mut, ihr Mut zu träumen und zu kämpfen. 

„Du hast gespielt, du hast verloren. So ist das Leben / Gewinnen oder Verlieren ist nicht wichtig; / wichtig ist, aufs Spiel zu setzen / einen flammenden, jubelnden Glauben […] Im Leben zu träumen, das ist wichtig” (Saornil)