Queers for Palestine! | Gastbeitrag

[Segue il testo in italiano.]

Folgender Text ist ein Reaktion auf den Blogbeitrag „Pride – vom Fluss bis zum Meer?“ von Simon Constantini, vom 29. Juni 2025.

Der Text von Simon Constantini diskreditiert zumindest Teile der Bozner Pride 2025 aufgrund ihrer Palästina Solidarität und wirft der Demo Antisemitismus vor. 

Dieser Vorwurf des „israelbezogenen Antisemitismus“ ist höchst umstritten und steht schon lange in der Kritik. Führende Antisemitismusforscher:innen, jüdische & palästinensische Gruppen und Rechtswissenschaftler:innen kritisieren die sogenannte IHRA-Definition, während die rechtsextreme israelische Regierung und deren Unterstützer:innen sie für die Verteidigung israelischer Völkerrechtsbrüche heranziehen. Sie tun dies indem sie diese Definition von Antisemitismus zur Kriminalisierung von ihren Kritiker:innen nutzt.

Die Bozner Palästina-Solidaritätsbewegung hat diese Kriminalisierung längst zu spüren bekommen. Seit Monaten werden Aktivist:innen sogenannte Städteverbote (fogli di via) ausgesprochen, teilweise für die Städte in denen sie aktiv sind oder in denen ihre Familien wohnen. Beispielsweise können sie dann offiziell mehrere Jahre nicht mehr nach Bozen oder Meran. Zwei Pädagog:innen an Südtiroler Schulen wurde die Entlassung angedroht, weil sie sich an Solidaritätsveranstaltungen für Palästina beteiligt hatten. Um nur zwei Beispiele zu nennen. 

Constantini kritisiert die Fahne „No Pride in Genocide“. Dass Israel in Gaza einen Genozid verübt, darin sind sich mittlerweile etliche Völkerrechtler:innen, Genozidforscher:innen und UN-Expert:innen einig. Queerness ist nun mal auch eine politische Identität und die Bezugnahme auf realpolitische Ereignisse, wie zum Beispiel dem aktuellen Genozid, kein Widerspruch in sich. 

Den Slogan „From The River to the Sea“  als antisemitischen Vernichtungswillen zu interpretieren, scheint besonders grotesk in einer Phase, in der der Besatzungsstaat Israel keinen Hehl daraus macht, palästinensiches Leben und Land vom Jordan bis zum Mittelmeer zu vernichten und ein Groß-Israel zu errichten. Und wer wie in dem Artikel argumentiert, Israel wäre die einzige Demokratie im Mittleren Osten, in der queere Menschen sicher sind, will die historischen Realitäten nicht sehen: Siedlerkolonialismus, Apartheid, Genozid. 

Die Gleichsetzung von Kritik am Staat Israel und Antisemitismus ist schon lange ein Instrument, um von diesen Realitäten abzulenken und die westliche Deutungshoheit darüber zu bewahren, wer das Recht zu sprechen hat. 

Dabei haben längst weltweit Expert:innen darauf hingewiesen, dass diese Art der Auslegung des Antisemitismus selbst gegen das Interesse von Jüd:innen geht. Was darin besonders klar wird, ist wer als Problemfall der Gesellschaft gebrandmarkt wird. Seit der sogenannten „Flüchtlingskrise“ 2015 hat die BRD entschieden: der historische, europäische Antisemitismus ist abgelöst worden, von einem importierten Antisemitismus von arabischen und muslimischen Menschen und ein Problem einer radikalen, internationalistischen Linken. Wissenschaftler:innen sprechen von einem „autoritären Anti-Antisemitismus“. Dieser stellt mittlerweile beinahe jegliche Form der Sichtbarmachung des Genozids in Gaza und der palästinensischen Existenz unter Antisemitismusverdacht. Dabei legen Studien nah, dass auch heute noch verstärkt Antisemitismus vor allem bei älteren Leuten über 65 im rechten Lager vorzufinden ist und eben nicht vorwiegend in der Palästinabewegung. [1]

In dieser Logik benutzt, hat der Vorwurf des Antisemitismus nicht die Aufgabe jüdisches Leben zu schützen. Er ebnet den Weg für eine autoritäre Wende, auf Schultern von jüdischen Menschen. In Deutschland zeigt sich das anhand von strengerer Einwanderungspolitik und Abschiebungen (Menschen müssen bei ihrer Einbürgerung den Staat Israel anerkennen), Polizeigewalt gegen Demonstrant:innen, Berufsverbote, Einreiseverweigerungen, Verbote von Veranstaltungen, Einschränkungen der Grundrechte. Neu ist das nicht: George W. Bush hat 2004 den Global Antisemitism Review Act geschaffen. Dieser wurde genutzt für einen Vorschub imperialistischer Interessen im Außen und eine autoritäre Wende im Innen. In Deutschland läuft das Alles unter dem Titel der „Staatsräson“. Diese besagt, dass die Sicherheit Israels über Allem steht. Staatsräson erlaubt es Regierungen, Grundrechte auszuhebeln, um die Interessen des Staates durchzusetzen, in diesem Fall nicht die des deutschen Staates, sondern die Israels. Friedrich Merz bewertete die Angriffe Israels im Iran vor zwei Wochen höhnisch als „Drecksarbeit für uns alle“ [2]. Damit meint er den Westen, der sehr wohl ein Interesse am Machterhalt Israels im Mittleren Osten hat, egal welche Politik dieser Staat fährt. 

Gesellschaftlich wird Hass geschürt, gegen die Palästinabewegung und Araber*innen, vor allem Palästinenser:innen. Sie werden des Terrorismus bezichtigt, des Judenhasses und dabei wird überdeckt, worum es vordergründig geht: das Morden in Gaza zu beenden. Man spricht auch von einer sogenannten „Moralpanik“, die gerade umgeht. Diese beschreibt ein gesellschaftliches Phänomen, geprägt von einer übertriebenen „Angst“, dass eine böse Macht die Kultur oder das Wohlergehen einer Gesellschaft angreift. In diesem Fall wird diese Rolle der Palästinabewegung und arabischen und muslimischen Menschen gegeben. 

Dass westliche Staaten so argumentieren, ist nichts Neues. Das Linke auf den Zug mit aufspringen und damit den Weg für diesen Rechtsruck, der ausufernden Repression und dem zunehmenden Rassismus ebnen, ist verstörend. Sich bei der Pride in Bozen einen Satz rauszupicken und darin Generalverdacht zu schöpfen, ohne genauere Infos zu den Gruppen dahinter, deren Politik, deren Inhalte und Aktionen zeigt: Es ist eben die genau selbe Staatsräson, die im Westen genutzt wird, um die eigene Macht aufrecht zu erhalten. Und es funktioniert schon wieder von dem Wesentlichen abzulenken: Denn wir reden schon wieder nicht darüber, was in Gaza passiert. 


Queers for Palestine!

Il seguente testo è una reazione  all’articolo del blog „Pride – vom Fluss bis zum Meer?“ di Simon Constantini, pubblicato il 29 giugno 2025.

Il testo di Simon Constantini scredita, almeno in parte, il Pride di Bolzano 2025 per la sua solidarietà con la Palestina e accusa la manifestazione di antisemitismo.

Questa accusa di “antisemitismo riferito a Israele” è altamente controversa e da tempo oggetto di critiche. Importantx studiosx dell’antisemitismo, gruppi ebraici e palestinesi, nonché espertx di diritto, mettono in discussione la cosiddetta definizione IHRA, mentre il governo israeliano di estrema destra e i suoi sostenitori la utilizzano per giustificare le violazioni del diritto internazionale da parte di Israele. Lo fanno strumentalizzando questa definizione per criminalizzare le voci critiche.

Il movimento bolzanino di solidarietà con la Palestina ha già da tempo subito questa criminalizzazione. Da mesi vengono emessi fogli di via contro militantx a volte proprio per le città in cui sono attivix o in cui vivono le loro famiglie. Alcune persone, ad oggi, non potranno più tornare ufficialmente a Bolzano o Merano per diversi anni. A due educatori delle scuole altoatesine è stato minacciato il licenziamento per aver partecipato ad eventi di solidarietà con la Palestina. E questi sono solo due esempi.

Constantini, nell articolo, critica lo striscione con la scritta “No Pride in Genocide”. Che Israele stia commettendo un genocidio a Gaza è ormai affermato da diversi espertx di diritto internazionale, studiosx di genocidio e rappresentanti delle Nazioni Unite. 

L’identità queer è anche un’identità politica e il riferimento ad eventi reali, come l’attuale genocidio, non rappresenta alcuna contraddizione.

Interpretare lo slogan “From the river to the sea” come volontà antisemita di sterminio appare particolarmente grottesco in una fase in cui lo stato occupante di Israele non nasconde affatto il suo intento di distruggere la vita e la terra palestinese dal Giordano al Mar Mediterraneo per costruire una “Grande Israele”.

E chi, come nell’articolo, sostiene che Israele sia l’unica democrazia del Medio Oriente in cui le persone queer sono al sicuro, rifiuta di vedere le realtà storiche: colonialismo di insediamento, apartheid, genocidio.

Equiparare la critica allo Stato di Israele all’antisemitismo è da tempo uno strumento per distogliere l’attenzione da queste realtà e mantenere l’egemonia occidentale su chi abbia o no il diritto di parlare.

Nel frattempo, espertx di tutto il mondo hanno sottolineato come questo tipo di interpretazione dell’antisemitismo vada contro gli stessi interessi degli ebrei. È particolarmente evidente chi viene marchiato come problema per la società. 

Dal 2015, in seguito alla cosiddetta “crisi dei rifugiati”, la Repubblica Federale Tedesca ha deciso che il tradizionale antisemitismo europeo è stato sostituito da un antisemitismo “importato”, attribuito alle persone arabe e musulmane, e da una sinistra radicale e internazionalista. Alcune ricerche parlano di “anti-antisemitismo autoritario”. Questo sospetto ormai colpisce quasi ogni forma di visibilità del genocidio a Gaza o della stessa esistenza palestinese.

Studi suggeriscono invece che l’antisemitismo è ancora fortemente presente soprattutto tra le persone oltre i 65 anni, in particolare negli ambienti di destra – non principalmente nel movimento per la Palestina.[1]

In questa logica, l’accusa di antisemitismo non serve a proteggere la vita ebraica ma serve a spianare la strada a una svolta autoritaria, strumentalizzando proprio le persone ebree. In Germania questo si manifesta in una politica migratoria più restrittiva e deportazioni (le persone devono riconoscere ufficialmente lo Stato di Israele per ottenere la cittadinanza), violenze della polizia contro manifestanti, divieti professionali, rifiuti d’ingresso, divieti di eventi, limitazioni dei diritti fondamentali.

E non è una novità: nel 2004, George W. Bush creò il Global Antisemitism Review Act, utilizzato per promuovere interessi imperialisti all’estero e una svolta autoritaria a livello interno. In Germania, tutto ciò si giustifica con il concetto di “Ragion di Stato”, secondo cui la sicurezza di Israele ha la priorità assoluta. Questo consente ai governi di sospendere diritti fondamentali per imporre gli interessi statali – in questo caso, non quelli tedeschi, ma quelli israeliani.

Friedrich Merz ha definito gli attacchi israeliani contro l’Iran di due settimane fa come “lavoro sporco per tutti noi”[2]. Intendeva dire per l’Occidente, che ha tutto l’interesse a mantenere Israele al potere in Medio Oriente, indipendentemente dalla politica che questo Stato porta avanti.

A livello sociale si alimenta l’odio contro il movimento palestinese e le persone arabe – in particolare quelle palestinesi vengono accusate di terrorismo, di odio contro gli ebrei, mentre si cerca di oscurare la vera questione: fermare il massacro a Gaza.

Si parla anche di “panico morale”, un fenomeno sociale caratterizzato da un’esagerata “paura” che una forza maligna minacci la cultura o il benessere della società. In questo caso, tale ruolo viene attribuito al movimento per la Palestina e alle persone arabe e musulmane.

Che gli Stati occidentali usino queste argomentazioni non è nuovo. Che però alcune forze di sinistra si accodino a queste posizioni, contribuendo così all’ascesa della repressione e del razzismo, è inquietante. Estrarre una frase da un Pride – come accaduto a Bolzano – e da lì dedurre un sospetto generalizzato, senza analizzare i gruppi che vi partecipano, la loro politica, i contenuti e le azioni, dimostra quanto sia in atto proprio quella stessa logica di ragion di Stato con cui l’Occidente protegge i propri interessi di potere. E così si riesce ancora una volta a distogliere lo sguardo dall’essenziale: perché ancora una volta non si parla di ciò che accade a Gaza.


[1] https://www.uni-mannheim.de/newsroom/presse/pressemitteilungen/2024/oktober/gip-antisemitismus/
[2] https://www.zdfheute.de/politik/g7-gipfel-merz-100.html

Info:
https://soundcloud.com/poltheoryother/staatsrason
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1191280.antisemitismusstreit-wahnhafte-verschwoerungstheorie-zu-roten-haenden.html
https://etosmedia.de/politik/staatsraeson-ueber-alles/
https://jacobin.de/artikel/antisemitismusbeauftragte-zionismus-israelkritik
https://www.jungewelt.de/loginFailed.php?ref=/artikel/497209.migrationspolitik-staatsr%C3%A4son-schiebt-ab.html
https://zeitschrift-luxemburg.de/artikel/anti-antisemitismus/
https://www.thenation.com/article/world/its-time-to-confront-israels-version-of-from-the-river-to-the-sea/