Solidarität statt Verschwörungsdenken!

Quelle: rainews.it

Die Corona-Pandemie hat zweifellos viele schwerwiegende gesellschaftliche Folgen mit sich gebracht. Neben den offensichtlichen – also den Toten, den Erkrankten, den Ausgangsperren, den sozialen und wirtschaftlichen Folgen des Shutdowns – ist eine weitere Entwicklung zu beobachten, die Sorgen bereitet: Eine wachsende „Corona-Kritik“-Bewegung, die sich zunehmend verschwörungstheoretischen Desinformationskampagnen öffnet und zu „Hygienedemos“ mobilmacht.

Von der Impfkritik zur Weltverschwörung

Corona-Verschwörungserzählungen stellen vermeintlich Schuldige an den Pranger und vermeiden so die Auseinandersetzung mit einer unsicheren und schwierigen Situation. „Der Glaube an eine Verschwörung kann ein Hilfskonstrukt sein, um Ordnung in das Chaos zu bringen“, erklärte Katharina Nocun unlängst in einem Beitrag der ze.tt. Oft sind die „Schuldigen“ Teil einer vermeintlichen großen Verschwörung, etwa im Rahmen einer „Neuen Weltordnung“. Namen wie Bill Gates oder George Soros werden hierzu oftmals in traditionell antisemitischen Verschwörungsmythen eingebaut. Von den internationalen bösartigen Eliten zur jüdischen Weltverschwörung ist es oft nur ein kurzer Schritt.

Rechte Gruppen springen auf den Zug auf

So ist zu beobachten, dass überall in Europa rechte Parteien wie etwa die AfD oder die FPÖ sowie rechtsextreme Bewegungen wie etwa die Identitären in Österreich zentrale Akteur*innen in der „Corona-Kritik“-Bewegung sind. Diese Akteur*innen verstehen es die für alle schwierige Situation für die eigenen rechtsextremen Interessen zu nutzen und ihr Wirkungsfeld zu vergrößern, denn Verschwörungserzählungen sind in der rechtsextremen Szene weit verbreitet. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass nun auch in Südtirol rechte Akteure wie etwa Andreas Pöder auf den Zug der „Corona-Kritik“ aufspringen.

Erklärungen statt Schuldzuweisungen

Vermeintlich wird Kritik geübt, doch in Wirklichkeit werden komplexe soziale Zusammenhänge auf das Wirken einzelner Personen oder Gruppen reduziert. Die Amadeu Antonio Stiftung hat hierzu unlängst eine Broschüre veröffentlicht, welche sieben populäre Corona-Verschwörungserzählungen zusammengestellt, die in ihnen enthaltenen Missverständnisse und Desinformationen aufgedeckt und ihnen mit Fakten begegnet. Unter dem Motto „Lieber nach Erklärungen suchen als nach Schuldigen“ können hier viele wertvolle Informationen zum Thema gefunden werden. Wir alle sollten wachsam bleiben und nicht zulassen, dass rechte Agitator*innen noch mehr Unsicherheit, Desinformation und Hass schüren.

Autoritären Tendenzen entgegentreten

Viele Staaten führen im Windschatten der aktuellen Corona-Notlage rechtliche Einschränkungen ein, die staatliche Überwachung wird ausgebaut. Die Gefahr bleibt, dass ein solcher Ausnahmezustand und autoritäre Tendenzen auch nach der Krise bestehen bleiben. Auch hier ist Wachsamkeit geboten. Trotzdem sitzt wohl kaum irgendwo versteckt ein Gruppe mächtiger Weltherrscher, die unter Führung von Bill Gates das Virus nach einem ausgetüftelten Plan auf die Menschheit losgelassen haben und uns jetzt Chippen und versklaven wollen. Anliegen werden eben verschieden thematisiert und interpretiert, doch wie die jüngsten Demos im deutschsprachigen Raum zeigen, gerne verzerrt. Wenn aus einer verkürzten Kapitalismuskritik und wirren Ideologien aber ein reaktionäres bis faschistisches Gedankengut herausrauskommt, ist Handeln geboten.

Solidarität ist mehr als Klatschen

Zudem wollen wir nicht vergessen, dass es in einer Krise der kapitalistischen Konsumgesellschaft und einem schwachen Sozialstaat immer die Schwächeren zuerst trifft: Obdachlose, Migrant_innen und Geflüchtete, mittellose Künstler_innen und Kulturschaffende und alle, die sich am Rande dieser Gesellschaft befinden. Das heruntergewirtschaftete Gesundheitssystem ist nur ein Beispiel, dass weder der Markt noch der Staat Dinge alleine und zugunsten der Gesellschaft regelt. Deutlich zeigen sich hier z. B. Missstände im Gesundheitssystem und prekäre Arbeitssituationen in Fabriken. Jemand ist dann arm und hat einen Scheißjob, ist aber plötzlich “systemrelevant”.

Solidarität ist mehr als Klatschen und Händewaschen. Und nicht zuletzt müssen wir uns auf die kommenden Verteilungskämpfe vorbereiten, damit nicht wieder die unteren Klassen die Zeche zahlen müssen. Denn die politische und Wirtschaftskrise hat gerade erst begonnen.